Meinungsfreiheit schützt pauschale Polizistenbeleidigung

Richterspruch aus Karlsruhe: Parole »All Cops are Bastards« keine verbotene Äußerung

  • Lesedauer: 2 Min.

Karlsruhe. Die allgemeine Polizistenbeleidigung »ACAB« für »all cops are bastards« ist nicht automatisch strafbar. Solch eine Parole sei von der Meinungsfreiheit geschützt, wenn sie sich nicht auf eine »hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe« bezieht, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in zwei am Freitag veröffentlichten Beschlüssen. (AZ: 1 BvR 257/14 und 1 BvR 2150/14)

In einem Fall ging es um Fußballfans bei einem Zweitliga-Spiel des Karlsruher SC gegen den VfL Bochum im Oktober 2010. Mehrere Fans kritisierten dabei mit einem Transparent den Polizeieinsatz bei einer Großdemonstration gegen das Bahn-Projekt »Stuttgart 21«. Nachdem dieses eingerollt war, folgte ein neues Banner mit den Buchstaben »ACAB«.

Die Polizei sah darin eine strafbare Beleidigung. Einer der Fans wurde identifiziert und zu einer Geldbuße in Höhe von 600 Euro verurteilt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte die Strafe. Es handele sich um eine herabsetzende Äußerung.

In dem anderen Verfahren wurde ein Fußballfan wegen eines »ACAB«-Aufdrucks auf seiner Hose zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro verurteilt. Der Fan habe gewusst, dass die beim Fußballspiel anwesenden Polizisten die Beleidigung sehen würden, urteilte das Oberlandesgericht München.

Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch, dass die allgemeine Beleidigung »ACAB« vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein kann. Eine strafbare Beleidigung setze voraus, dass sich die Parolen konkret gegen Polizisten richten. Allein das Wissen, dass die Äußerung von Polizisten wahrgenommen werden könnte, reiche für eine strafbare Beleidigung nicht aus. Die Vorinstanzen müssten daher noch einmal prüfen, ob die Verurteilte die Parolen bewusst an einzelne Beamte gerichtet oder sich extra in der Nähe der Einsatzkräfte begeben haben.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte das Urteil. GdP-Vorsitzender Oliver Malchow verwies darauf, dass die Abkürzung »ACAB« nahezu immer in Verbindung mit Gewalt gegen Polizisten stehe. Für seine Kolleginnen und Kollegen sei die Gerichtsentscheidung ein »Schlag ins Gesicht« epd/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal