London auf einmal weit weg

Meine Sicht: Andreas Fritsche über den drohenden Exit nach dem Brexit

  • Lesedauer: 2 Min.

Im schlimmsten Fall kommt kein britischer Tourist mehr nach Berlin und unsere britischen Nachbarn ziehen aus der deutschen Hauptstadt weg, und Brandenburg bekommt keine EU-Fördermittel mehr und britische Firmen verlassen das Bundesland, was Arbeitsplätze kostet. Es wäre ein sehr großer Verlust. Der schlimmste Fall wird allerdings bestimmt nicht eintreten.

Es werden vielleicht weniger Touristen zu Besuch kommen, aber es werden nicht alle wegbleiben. Es werden eventuell einige englische, walisische, schottische und nordirische Berliner ihren Wohnsitz wechseln, aber nicht alle werden wegziehen. Die Handelsbeziehungen werden komplizierter, doch es werden sicher weiterhin Waren exportiert und global operierende Konzerne sind so oder so weltweit präsent. Es ist auch noch längst nicht heraus, dass Brandenburg wirklich aus der EU-Förderung herausfällt, da für die Zeit ab 2020 sowieso neu mit Brüssel verhandelt wird.

Doch abseits von allen Nützlichkeitserwägungen nimmt der europäische Gedanke Schaden, das positive Gefühl, wenigstens innerhalb der Europäischen Union theoretisch jederzeit an jedem Ort leben und arbeiten zu dürfen. Deswegen wird keineswegs in irgendeinem EU-Staat die Bevölkerung ausgetauscht, wie viele Neonazis bar jeder Vernunft behaupten. Doch das Bewusstsein, einfach zusammenzugehören und nie wieder Krieg gegeneinander zu führen, das konnte sich langsam entwickeln.

London, Paris oder Rom schienen so nah zu sein. Jetzt wirkt London, obwohl es geografisch nicht von Berlin abgerückt ist, plötzlich so weit entfernt von hier. Das ist traurig.

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