Die Zukunft des Wohnens ist klein

Mit optimierten Grundrissen sollen Wohnungen für Geringverdiener bezahlbar bleiben

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Am »Tag der Neubauten« präsentierten landeseigene Wohnungsunternehmen aktuelle Projekte. Die Zeit der Großzügigkeit ist vorbei.

»Einen Applaus für die Torte«, sagt die Moderatorin, als Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) gerade das Festzelt betritt. Ihm auf den Fersen ist eine als Fisch verkleidete Frau. Es ist Samstag, und jede der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften lädt am »Tag der Neubauten« in eines ihrer im Bau befindlichen Objekte, um den Bürgern ihr »Engagement für bezahlbaren Wohnraum« zu zeigen, wie es in der Pressemitteilung heißt. Die Torte wird Geisel gleich anschneiden, und der Fisch symbolisiert die Wasserlage des Projekts am Bruno-Bürgel-Weg in Niederschöneweide.

284 Wohnungen sollen auf dem Spreegrundstück bis 2017 fertiggestellt werden, 35 Prozent davon gefördert für eine Nettokaltmiete von 6,50 Euro, nach oben geht die Spanne bis 13 Euro. »Wir finden auch für die teureren Wohnungen Mieter«, versichert Ingo Malter, Geschäftsführer des Wohnungsunternehmens »Stadt und Land«. Wichtig sei vor allem die soziale Mischung. Die werde dadurch erreicht, dass neben den geförderten Wohnungen auch weitere Preisstufen existieren, die sich Normalverdiener durchaus leisten könnten. Durch diese Quersubventionierung innerhalb des Projekts ergeben sich höhere Spitzenmieten. Malter legt aber Wert darauf, dass das durchschnittliche Niveau deutlich unter dem von privaten Anbietern von Neubauwohnungen liege.

Der Besuch in Niederschöneweide ist die vierte Station der Häuserfahrt durch die Hauptstadt. Los geht es am frühen Nachmittag in der Friedrichshainer Colbestraße, wo die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) in einer Lücke 69 neue Wohnungen errichtet. Sie sind zwischen 37 und 83 Quadratmeter groß und sollen warm zwischen 356 und 1203 Euro pro Monat kosten. Die WBM lädt die Interessenten zu kostenlosen Getränken und szenigen Imbissen ein.

In Friedrichshain fährt auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor und wird durch Musterwohnungen geführt. »Durch Verzicht auf den Flur erhalten wir optimierte Grundrisse, ohne dass die Nutzfläche kleiner wird«, sagt Geisel.

Die Besucher interessieren sich vor allem für die Möglichkeit, sich bereits als Interessenten für die Wohnungen vormerken zu lassen. »So richtig billig ist das nicht, aber wir könnten es uns noch leisten«, sagt ein junger Familienvater mit Baby auf dem Arm.

Vergangene Woche hat der Haushaltsausschuss des Landesparlaments beschlossen, den Wohnungsunternehmen 29 Grundstücke zu übertragen, Fläche für 11 000 neue Wohnungen. Einen »guten Schritt« zur Finanzierung des Wohnungsprogramms nennt das Jörg Franzen, GESOBAU-Geschäftsführer und Sprecher aller Städtischen. Es ist aber eher ein kleiner Schritt, die Grundstücke sind etwa 85 Millionen Euro wert. Um bis 2026 auf 100 000 zusätzliche landeseigene Wohnungen zu kommen, werden 12 Milliarden Euro benötigt.

Berlin schielt da auch auf den Bund. »Ich bin sehr froh, dass dort bundesweit 500 Millionen Euro zusätzliche Wohnungsbaumittel vorgesehen sind«, sagt der Regierende. Sicher ist das Geld erst, wenn die Bund-Länder-Finanzverhandlungen abgeschlossen sind. Zumindest Steuererleichterungen sind vom Tisch, denn damit wären seiner Ansicht nach der Bau »eher hochpreisiger Wohnungen unterstützt« worden.

Den Vorwurf, dass selbst die geförderten Wohnungen für ALG-II-Bezieher zu teuer seien, lässt Ingo Malter nicht gelten. »Das ist ganz deutlich abhängig von der Wohnungsgröße«, sagt der »Stadt und Land«-Chef. »Das optimieren der Grundrisse hat wesentlich damit zu tun.«

Was das im Extremfall heißt, ist beim GESOBAU-Projekt in Gesundbrunnen zu sehen. Auf etwas über 33 Quadratmetern quetschen sich anderthalb Zimmer mit Kochnische und Bad. Das knapp neun Quadratmeter große halbe Zimmer sei durchaus umstritten, sagt ein Mitarbeiter, die Interessenten wünschten sich jedoch meistens ein separates Schlafzimmer. Und eine fünf Quadratmeter große Terrasse gibt es obendrauf.

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