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Brandenburg für die Waldbrandbekämpfung besser gerüstet
Brandenburgs Innenminister René Wilke besichtigt das neue Waldbrandlager in Wünsdorf-Waldstadt
Einst mussten die Kollegen auf die Feuerwachtürme steigen und die Gegend mit Ferngläsern beobachten, um Waldbrände frühzeitig zu erkennen. Inzwischen ersetzt jeder der sechs Kollegen einer Schicht in der Waldbrandzentrale Süd in Wünsdorf-Waldstadt je zwölf Leute auf den Wachtürmen. Die sechs sitzen jetzt am Computer und behalten die Bilder von zwölf Kameras im Blick, beurteilen, ob etwas eine Rauchwolke ist oder nur eine Staubwolke. Über zwei solcher Waldbrandzentralen verfügt Brandenburg und deckt damit gut 95 Prozent der Waldfläche ab.
183 Waldbrände habe es dieses Jahr im Bundesland schon geben, aber betroffen sei nur eine vergleichsweise kleine Fläche von insgesamt 40 Hektar gewesen, erklärt am Montag Brandenburgs Waldbrandbeauftragter Raimund Engel. »Früherkennung: Jede Minute zählt«, sagt er. Die Technik habe man sich 1995 abgeschaut von einer Marssonde, die auf dem fernen Planeten Staub analysieren sollte. Dazu sei eine Software entwickelt worden, die bei Rauch anschlägt. »Jetzt muss man nur Glück haben, dass die Feuerwehren auch herankommen an den Brand«, sagt Engel.
Zu Besuch sind der für die Feuerwehr zuständige Innenminister René Wilke (für SPD) und die für den Forst zuständige Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD). Sie beide besichtigen nicht allein die klimatisierte Waldbrandzentrale am südlichen Ende von Wünsdorf-Waldstadt, sondern gleich nebenan auch neu angeschaffte Spezialtechnik, die bei Waldbränden zum Einsatz kommt. Darunter befindet sich eins der 35 vom tschechischen Hersteller Tatra gelieferten Tanklöschfahrzeuge, die im Gegensatz zu herkömmlichen Löschfahrzeugen durch schweres Gelände fahren können. Der Clou dabei: Sie sind mit 380 000 Euro das Stück sogar noch billiger als die nicht geländegängigen Fabrikate aus Deutschland, die oft schon 500 000 Euro und mehr kosten.
Ein riesiges Problem in Brandenburg sind die ausgedehnten alten Truppenübungsplätze, die mit Munition belastet sind. Bricht dort ein Feuer aus, riskieren die Feuerwehrleute ihr Leben, wenn die Blindgänger unter den alten Granaten explodieren. Die Lösung ist ein gepanzertes Fahrzeug, ebenfalls aus tschechischer Produktion. Die Reifen können zwar platzen, doch die gepanzerte Kabine ist gegen die Explosion von sechs Kilogramm TNT zuverlässig geschützt. Auch gegen Giftwolken und radioaktive Strahlung sind die vier Insassen abgeschirmt. Das erlaubt den Einsatz auch bei einer Havarie in einem Chemiebetrieb, wie Experte Norman Barth erläutert.
Von diesem gepanzerten Fahrzeug aus können per Fernsteuerung auf einer Distanz von 500 bis 1000 Metern zwei unbemannte Kettenfahrzeuge gelenkt werden. Beide sind in Kroatien gefertigt und ebenfalls gepanzert. Das eine Kettenfahrzeug kann eine Schneise durch ein munitionsbelastetes Areal schlagen, dass andere mit einem Greifmechanismus Bäume umlegen oder ein im Weg stehendes Auto zerquetschen – und zusätzlich Löschwasser versprühen. Alle drei Fahrzeuge zusammen hat sich das Land Brandenburg 3,4 Millionen Euro kosten lassen.
Bisher musste im Fall der Fälle gepanzerte Technik von der Bundeswehr angefordert werden. Doch bis sie mit Tiefladern aus anderen Bundesländern herbeigeschafft war, konnten einige Tage vergehen. Jetzt kann die Feuerwehr ohne Verzug eigenständig handeln. Wie gesagt: Jede Minute zählt. »Wir sind schon stolz, dass das geklappt hat«, freut sich Amtsrat Barth über die Anschaffung.
»Viele Gefahrenlagen sind Ressourcenschlachten«, weiß Heinz Rudolph, Leiter der Landesschule und Technischen Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz (LSTE). Neben ihrem angestammten Sitz in Eisenhüttenstadt hat die LSTE inzwischen eine Zweigstelle in Wünsdorf-Waldstadt – und hier wurde jetzt ein Lager errichtet, in dem alles aufbewahrt werden soll, was für eine Ressourcenschlacht gebraucht wird. Das wären für den Fall, dass die Bevölkerung einiger Dörfer bei einem großflächigen Waldbrand evakuiert werden muss, zum Beispiel Zelte, Feldbetten, Verpflegung, Verbandsmaterial und Medikamente. Dergleichen soll in die bislang noch leeren Regale kommen. Es ist Platz für 1700 volle Paletten.
Passend dazu sind draußen ein Kühlanhänger für Lebensmittel und ein Anhänger mit mobilen Toiletten und Waschgelegenheiten zur Besichtigung abgestellt, außerdem ein Tank für 12 000 Liter Dieselkraftstoff und zwei Tanks für 15 000 Liter Trinkwasser, die im Notfall ins bestehende Netz eingespeist oder anders an die Bevölkerung abgegeben werden können.
Gelagert wird alles ungefähr in der geografischen Mitte Brandenburgs, günstig gelegen, damit die Wege nicht zu lang werden. Etwa ein Jahr hat der Bau der Halle gedauert und rund 20 Millionen Euro gekostet. Hinzu kommen die erheblichen finanziellen Mittel für die neue Einsatztechnik.
»Diese größte Investition in den Brand- und Katastrophenschutz seit Jahrzehnten hat auch bundesweit Maßstäbe gesetzt«, sagt Innenminister Wilke. »Darauf können wir zu Recht stolz sein.«
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