Klassentreffen auf kahlem Gipfel
Von Tom Mustroph , Montpellier
Viele, die früher bei der Tour de France dabei waren, jetzt aber keinen Job im offiziellen Tross als sportlicher Leiter, Masseur oder Symbolbotschafter gefunden haben, kreuzen trotzdem immer wieder auf. In den Pyrenäen war plötzlich Michael Rasmussen am Bus von Astana zu sehen. Der Däne lieferte sich einst ein phänomenales Bergduell mit Alberto Contador, wurde dann aber wegen Dopingtest-Umgehens ausgeschlossen; er trug damals das Gelbe Trikot.
Rasmussen arbeitet jetzt als Kolumnist für eine dänische Tageszeitung. »Es muss wenigstens einer hier sein, der Ahnung vom Radsport hat«, frotzelte er in Richtung der anwesenden Journalisten. Die Kollegen nahmen es mit Humor.
Auch Hans-Michael Holczer war wieder bei der Tour zu sehen. Der ehemalige Rennstallchef von Gerolsteiner und spätere Katjusha-Manager betreut jetzt Gäste eines Sponsors. Mit ihnen wird er an diesem Donnerstag auch ein Camp auf dem Mont Ventoux errichten, erzählte er.
Ebenfalls aufgetaucht ist Daniel Mangeas. Der frühere Toursprecher ist mittlerweile stark ergraut. Seine Stimme ist aber immer noch voll und tief. Brannte sie sich in vielen Jahren oft penetrant in die Ohren ein, beginnt man jetzt doch, sie zu vermissen. Die neuen Sprecher kommen da nicht heran. Um Mangeas zu hören, muss man zu den kleineren Rennen des Tourveranstalters ASO fahren. Dort sei er noch im Einsatz, verriet er. Mangeas musste übrigens nicht zur Tour kommen. Sie kam zu ihm. In einer der Etappenstädte der Normandie hat er eine Wohnung. Für den Mont Ventoux hat sich Mangeas nicht angemeldet. Er hat ja keine Bleibe auf dem kahlen Gipfel.
Michael Rasmussen kommt und stiefelt für einen Vorbericht den Giganten der Provence hoch. Weitere Ehemalige werden sicher seinen Weg kreuzen. So wie Kommentatorenlegende Klaus Angermann. Er ist gerade dabei seiner Frau zu erklären, warum er sie 50 Jahre ihres gemeinsamen Lebens im Sommer immer alleingelassen hat. Angermanns Gattin erlebt erstmals die Tour vor Ort.
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