Miteinander gegen Populismus

SPD stellt Wahlplakate vor / Alltagsszenen mit unbekannten Berlinern stehen im Fokus

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf den Großflächenplakaten der SPD ist der Spitzenkandidat nur unscharf im Hintergrund zu sehen. Trotzdem ist es ein offensiver Personenwahlkampf. Das zeigt der Schriftzug »Müller, Berlin«.

»Dies ist keine Zeit wie jede andere, und dies ist auch keine Wahl wie jede andere«, sagte Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin und Spitzenkandidat der SPD für die Abgeordnetenhauswahl im September. Müller stellte am Freitagmorgen die »erste Welle« der Großflächenplakate vor, die den Wahlkampf seiner Partei in den nächsten Wochen begleiten sollen. Ab sieben Wochen vor der Wahl dürfen die zur Abstimmung stehenden Parteien ihre Plakate im öffentlichen Raum aufhängen, los geht es offiziell in der Nacht zum Sonntag.

Drei Plakate hingen bereits am Freitag auf dem Max-Josef-Metzger-Platz gegenüber dem Sitz der Berliner SPD in Wedding. »Wir zeigen Szenen in Berlin, alltägliche Straßenszenen. Berlinerinnen und Berliner stehen im Mittelpunkt des Geschehens«, erklärt Müller die Motive. Tatsächlich stehen auf den Plakaten unbekannte Menschen im Mittelpunkt, Menschen, die wir alle sein könnten, eine Frau mit Kopftuch (»Berlin bleibt weltoffen«), eine Frau mit Kind und eine kleine Familie (»Berlin bleibt bezahlbar«) und ein Mann mit Klemmbrett (»Berlin bleibt fleißig«). So zufällig die Szenen wirken sollen, so wenig zufällig ist meist im Hintergrund auf allen drei Fotos der Spitzenkandidat zu sehen. »Müller, Berlin«, steht auf allen Plakaten. Praktisch, dass der Spitzenkandidat einen so alltäglichen Namen hat, der gut in die Plakatserie passt. »Müller ist der populärste Politiker der Stadt. Da wollen wir ihn natürlich nicht verstecken«, sagte dazu Dennis Buchner, Wahlkampfleiter und Landesgeschäftsführer der SPD, dem »nd«. Müller ist nicht nur beliebtester Politiker, sondern auch wichtigster Kopf der SPD, allein schon durch seine Doppelfunktion als Regierender Bürgermeister und Vorsitzender des Landesverbands.

Dennoch verwundert es, dass eines auf den Plakaten fehlt: die SPD selbst. Kein Logo, kein Schriftzug, der verraten würde, für welche Partei der Herr Müller wirbt. Das komme in einer zweiten Phase, heißt es.

»Miteinander leben, das liegt mir besonders am Herzen«, sagt der Regierende Bürgermeister und nutzt die Vorstellung der Wahlplakate, um für einen »sozialen Zusammenhalt« zu werben. Ohne ein einziges Mal Flüchtlinge - oder »Geflüchtete«, wie sie im Wahlprogramm konsequent genannt werden - zu erwähnen, fordert Müller, »Ausgrenzung und Spaltung« gegenüberzutreten. »Wir erleben, dass in diesen Tagen viele beunruhigt sind. Der Terror ist nach Europa gekommen.« Auch Berliner seien zu beklagen. »Kaum dass die Toten betrauert waren, wurde umgeschaltet auf die übliche Rhetorik.« Populisten hätten das Thema für sich zu nutzen versucht. Ihnen müsse man sich nun deutlich entgegenstellen und zeigen, dass Hass nicht mit Hass beantwortet werden dürfe. »Sonst würde unser Leben zur Hölle werden.« Die 6000 Menschen, die am vergangenen Wochenende für den Christopher Street Day auf die Straße gegangen seien, hätten gezeigt: »Unser offenes und tolerantes Leben lassen wir uns nicht kaputt machen.« Doch diese »freie Stadt Berlin« brauche auch Sicherheit und Wachsamkeit, das erwarteten auch die Menschen, die neu hierher kämen. »Gewalt - egal, woher sie kommt - werden wir uns entgegenstellen«, sagte Müller. Das »Miteinander« sei daher ein wichtiges Thema nicht nur für ihn selbst, sondern für ganz Berlin.

Das will die SPD mit allen drei Wahlplakaten vermitteln: Faire Löhne, gebührenfreie Kitas und bezahlbare Mieten sollen es allen Berlinern ermöglichen, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren und an der Gesellschaft teilzuhaben.

1,7 Millionen Euro lässt sich die SPD den diesjährigen Wahlkampf kosten, ungefähr so viel wie zu den letzten Wahlen, sagt Buchner. 800 Großplakate sollen ab Samstagabend in der Stadt aufgestellt werden. Dazu kommen in Kürze zwei weitere Motivserien, auch mit einem deutlich präsenteren Spitzenkandidaten und dem Logo der Partei. 80 000 kleinere Plakate sollen Themen und Köpfe auch der übrigen zur Wahl stehenden SPD-Kandidaten zeigen.

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