Fracking kommt in die Ukraine

Dubiose Firma bekommt Zuschlag für Gasfelder

  • Bernhard Clasen
  • Lesedauer: 3 Min.

Nachdem die niederländische Firma Yuzgas B.V. Ende vergangener Woche den Zuschlag zur Ausbeutung der Vorkommen auf den »Jusowsk-Gasfeldern« im Osten der Ukraine bekommen hat, gärt es in der Region. 2013 und 2014 hatte die Angst vor dem Einsatz des umstrittenen »Fracking«-Förderverfahrens zu Protesten geführt. Dort hatte man aufgeatmet, als der britisch-niederländische Ölkonzern Shell im August 2014 seinen Rückzug von den »Jusowsk-Gasfeldern« ankündigte und ein Jahr später vor allem wegen der Kampfhandlungen vollzog. Danach war es still geworden um die Fracking-Pläne. Nun ist die Angst wieder da: »Schiefergas gibt es in allen europäischen Ländern, doch dort will man es nicht ausbeuten. Die Europäer haben begriffen, dass Schiefergas heute Profite und morgen eine ökologische Katastrophe bringt«, zitiert die ukrainische Tageszeitung »Vesti« Katerina, eine besorgte Bewohnerin des Gebietes Slawjansk. Irgendwann werde nur noch tote Erde zurückbleiben. Gleichzeitig kündigten Anwohner Proteste an.

Doch nicht nur in der betroffenen Region des Donbass werden die neuen Pläne zur Erdgasförderung in der noch immer umkämpften Region kritisiert. Das Ausschreibungsverfahren, das von der staatlichen Firma Nadra Ukrainy durchgeführt worden war, führte bei vielen Beobachtern zu Irritationen. So hätten nur wenige Personen - Vertreter des Energie- und des Wirtschaftsministeriums sowie einige Abgeordnete - die Entscheidung zugunsten der niederländischen Firma getroffen, lautet eine Kritik. Es sehe ganz danach aus, als sei alles so organisiert worden, dass nur die Yuzgas die Ausschreibung hatte gewinnen können, kommentierte Michail Gontschara, Präsident des Zentrums »Strategie XXI«, die Entscheidung. Die Mitbewerber habe man nur gebraucht, um den Eindruck zu erwecken, als habe man die Spielregeln eingehalten, so der Politologe gegenüber dem Internetportal »Apostrophe«.

Über die Gewinnerin der Ausschreibung ist nur wenig bekannt. Erst im Juni auf den Virgin Islands eigens für dieses Projekt gegründet, ist Yuzgas eine 100-prozentige Tochter des ebenfalls 2016 gestarteten Investmentfonds Emer- stone Energy der Finanzfirma Emerstone Capital Partners. Diese wurde von dem kanadischen Unternehmer Jaroslav Kinach gegründet, der von 1995 bis 1999 Vertreter der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in der Ukraine war.

Die niederländische Firma habe den Zuschlag erhalten, weil sie Investitionen in Höhe mehrerer hundert Millionen US-Dollar in Probebohrungen und weitere Maßnahmen zur Ausbeutung der Gasfelder zugesagt hat, begründete Viktor Nasarkewitsch, der Chef des Vergabeausschusses, die Entscheidung. Als einziger Anbieter habe Yuzgas mit Beginn der Ausbeutung zu Bedingungen Gelder für die Staatskasse in Aussicht gestellt, wie sie Royal Dutch Shell 2013 angeboten hatte.

Der Gewinner der Ausschreibung wird viel Geld für die Ausbeutung der ostukrainischen Gasfelder zur Verfügung bereitstellen müssen. Der Shell-Konzern hatte einst mit Investitionen im Umfang von zehn Milliarden Dollar gerechnet. In dem 7886 Quadratkilometer großen Areal in den Gebieten Charkow und Donezk lassen sich Schätzungen zufolge jedes Jahr acht bis zehn Milliarden Kubikmeter Gas gewinnen. Derzeit werden in der Ukraine 20 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich gefördert. Gleichzeitig importiert das Land 16,5 Milliarden Kubikmeter - vor allem aus dem verfeindeten Russland.

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