Über den Tod hinaus
Ingolf Bossenz zu Bestattung von Attentätern und christlicher Leitkultur
Christliches Verständnis auch für das Monströse kann man ihm nicht absprechen, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Kardinal Reinhard Marx hatte mit Blick auf die jüngsten Terroranschläge in Europa geäußert, am Anfang derartiger Gewalt stehe »die Angst vor dem Verlust der eigenen Lebenswelt«. Solch absolvierende Konzilianz ist auf muslimischer Seite (zumal gegenüber den eigenen Glaubensgenossen) eher nicht zu finden.
Die Leichen der Attentäter von Würzburg und Ansbach sind zwar noch nicht freigegeben, aber vorsorglich wurde bereits signalisiert, dass diesen Toten sowohl ein Begräbnis auf einem islamischen Friedhof als auch eine islamische Zeremonie verweigert werden sollten. In diesem Sinne äußerte sich Mohamed Abu El Qomsan, Bayern-Beauftragter des Zentralrates der Muslime in Deutschland. Nun handelt es sich in beiden Fällen um Täter und Taten, die - nun ja - mit dem Islam zu tun haben. Daran änderte sich auch nichts, wenn - was die Alternative wäre - die Bestattung auf einem kommunalen Friedhof erfolgte. Eine kritische Sicht auf die eigene Religion, wie sie Papst Franziskus praktiziert, kann durchaus auch von den Vertretern der konfessionellen Konkurrenz erwartet werden. Eine Debatte über Wert und Wahn des Religiösen könnte vielleicht eher Nachahmer und Neutäter stoppen, als es Verdammung über den Tod hinaus vermag. Vergebung ist nicht die schlechteste Leitkultur.
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