Chaos an der Krim-Grenze

Kontrollstellen mehrfach geschlossen / Lange Staus

  • Denis Trubetskoy, Kiew
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war eine Überraschung für Hunderte von Menschen, die sich am frühen Sonntagmorgen an den drei Grenzübergängen zwischen der Ukraine und der Halbinsel Krim sammelten. Gegen sieben Uhr schlossen die russischen Grenzpolizisten die Kontrollpunkte Armjansk, Perekop und Tschongar. Seitdem herrschen Chaos und Verwirrung an der Krim-Grenze. Verschiedene Kontrollstellen werden mal geöffnet und dann wieder geschlossen, es gibt Warteschlangen von bis zu 1500 Menschen.

Nach den Informationen der ukrainischen Grenzpolizisten sind es im Schnitt 9000 Menschen täglich, die die Krim-Grenze im Sommer überqueren. Weil der öffentliche Verkehr zwischen der Ukraine und der Schwarzmeerhalbinsel seit Dezember 2014 verboten ist, können die Reisenden nur an drei Stellen auf die Krim gelangen.

Am Dienstagmittag war es allerdings nicht möglich, von der Krim in die Ukraine auszureisen. Während die größten Grenzpunkte Tschongar und Armjansk komplett geschlossen waren, konnten die Reisenden am Grenzpunkt Perekop nur in Richtung Halbinsel passieren - jedoch in einem Schneckentempo von etwa zehn Autos pro Stunde, was die Gesamtsituation kaum verbessert. Später wurde der Grenzpunkt Tschongar wieder geöffnet.

Über die Gründe der aktuellen Lage wird von allen Seiten heftig spekuliert. Denn es gibt immer noch keine offizielle Information durch die russische Grenzpolizei - und die Ukrainer konstatieren nur, ob der eine oder andere Grenzpunkt mittlerweile abfertigt.

Fast alle Quellen gehen allerdings von einem Vorfall aus, den es in der Nacht von Samstag auf Sonntag in der Nähe von Armjansk gegeben haben soll. Während ukrainische Quellen über russische Soldaten berichten, die aus einer Militäreinheit mit Waffen geflüchtet sein sollen, vermuten einige Medien aus Russland den Durchbruch ukrainischer Saboteure. Außerdem gibt es unbestätigte Berichte über einen Toten auf russischer Seite.

Während Georgij Tuka, der stellvertretende Minister für okkupierte Gebiete der Ukraine, die Situation eher als ein »massives Militärmanöver Russlands« einschätzt, berichten mehrere Augenzeugen von einer verstärkten russischen Militärpräsenz im Norden der Krim.

An mehreren Orten der Halbinsel gibt es improvisierte Checkpoints, an denen ab und zu Passkontrollen durchgeführt werden. In Städten wie Armjansk oder Dschankoj wird per Steckbriefen nach vier bis sieben gefährlichen Personen gesucht, die sich in Uniform bewegen. Die Stadtverwaltung von Kertsch warnte Touristen, auf die Krim zu reisen, weil Wartezeiten an der Fähre bis zu zehn Stunden betragen.

»Ich wollte nur meine Verwandte von der Krim kurz mit dem Auto besuchen«, berichtet Natalja Perewalowa, die 36 Stunden an den Grenzpunkten Armjansk und Perekop verbringen musste. »36 Stunden ohne Essen, ohne normale Toilette und Information.« Vielen anderen geht es ebenso. Die Hitze von etwa 35 Grad macht es nicht leichter.

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