Die Jedi-Ritter unter der Zeiss-Kuppel
Das dienstältestes Planetarium der Welt in Thüringen mutiert zum Techniktempel
Es war eine kleine Sensation: Im Sommer vor 90 Jahren flackerten in Jena erstmals künstliche Sterne unter einem Kuppeldach. Die Menschen waren fasziniert - bis heute werden Planetarien in Jena vom Optik- und Elektronikunternehmen Carl Zeiss gebaut und weltweit installiert. Und die Thüringer Stadt kann mit einem Superlativ aufwarten. Sie hat das mit 90 Jahren dienstälteste Planetarium der Welt, das schon mehr als neun Millionen Besucher anzog. Das Jubiläum wird seit Montag mit einer Festwoche begangen, bei der technisch viele Register gezogen werden.
Denn das klassische optisch-mechanische Sternentheater, das Anfang der 1920er Jahre in Jena entwickelt und patentiert wurde, gibt es längst nicht mehr. Planetarien wie das unter der denkmalgeschützten Kuppel in Jena sind heute Techniktempel, vollgestopft mit Hochleistungsprojektoren, Laser- und Videotechnik.
Neben den klassischen Bildungsprogrammen wie »Unser Weltall« oder »Das Kleine 1x1 der Sterne« bieten sie nicht nur in Jena, sondern auch in Berlin, Bochum, Hamburg, Mannheim, Münster oder Stuttgart multimediale Weltall-Shows und Musik-Events. Möglich machen das sogenannte Ganzkuppelprojektionssysteme, in Jena nach Angaben der Planetariums-Geschäftsführung noch ergänzt durch ein 3D-Soundsystem. Es wurde vom Ilmenauer Fraunhofer-Institut für digitale Medientechnologie entwickelt.
»Der Wandel in der Planetariumstechnik ist so dramatisch wie der in der Fotografie«, sagt Volkmar Schorcht vom Zeiss-Geschäftsbereich Planetarien in Jena. Aber neben all den Effekten gehe es vor allem darum, immer kontrastreichere Bilder und einen brillanten Sternenhimmel zu zaubern. »Er kann sich mit dem natürlichen Sternenhimmel fast 1:1 vergleichen.«
Planetarien ermöglichten den Blick ins Universum, der wegen der Helligkeit nachts in vielen Metropolen und Regionen kaum noch mehr möglich sei. »Den richtigen Sternenhimmel kann man eigentlich nur noch im Hochgebirge oder in der Wüste sehen«, sagt Schorcht. Der Planetariumsbereich in Jena, wo der Zeiss-Konzern (Oberkochen) insgesamt etwa 2000 Menschen beschäftigt, ist klein, aber weltweit aktiv. 30 Spezialisten entwickeln, fertigen und installieren nach Angaben von Schorcht die Technik, die vor der Auslieferung in der firmeneigenen Kuppel getestet wird.
Allein zehn große Projekte, darunter etwa in China, Indien, Chile oder der Schweiz, seien es jährlich. Gerade neu ausgerüstet worden sei das Planetarium Berlin. Mit der Digitalisierung gebe es immer mehr Anbieter auf dem Markt. »Das Geschäft ist härter geworden«, so der Planetariumsfachmann.
Immerhin kann sich Zeiss auf eine große Tradition berufen: Die Idee für die Sternentheater stammt vom Begründer des Deutschen Museums in München, Oskar von Miller. Er fand in Walther Bauersfeld von Zeiss einen Partner. Bauersfeld entwickelte Anfang der 1920er Jahre ein mechanisch-optisches Gerät, mit dem Sterne an eine Kuppel projiziert und der Lauf der Gestirne gezeigt werden konnte.
Als Geburtsstunde der Zeiss-Planetarien gilt das Jahr 1923. Das erste ging zwei Jahre später ins Museum nach München. Eigenständige Sternentheater entstanden 1926 in Wuppertal, Leipzig und Düsseldorf. Doch nur das Jenaer überstand den Zweiten Weltkrieg. Allerdings gehört es längst nicht mehr der Firma Zeiss, sondern der Ernst-Abbe-Stiftung. Der Start in die Festwoche war unorthodox: ein »Star Trek Abend.« dpa/nd
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