Die Wahl? »Ist doch egal«

Meinungssplitter aus Schwerin

  • Hagen Jung, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

»Das ist natürlich Hammerkacke, dass die AfD da jetzt rein kommt«, schimpft einer von drei Männern auf einer Bank mit Blick auf das Schweriner Schloss. »Aber Schuld hat auch der Caffier von der CDU«, ergänzt der Jüngste des Trios. Warum? »Das ist kein Innenminister, das ist ein Abschiebeminister! Der hat mit seiner Flüchtlingspolitik die Leute erst richtig heiß gemacht gegen die Asylbewerber - und da haben sie AfD gewählt.« Von Religion halte er ja nicht viel, bekennt der Mann auf der Bank, aber: »Der Caffier, der soll man dran denken, dass seine Partei sich christlich nennt - und zu den christlichen Werten gehört die Menschlichkeit, das hat der vergessen.«

Ein paar Schritte weiter, vor dem historischen Prunkbau der Staatskanzlei, verharrt ein älteres Paar. Der Wahlausgang? »Schlimm, einfach schlimm«, schüttelt die für einen Stadtbummel ziemlich elegant gekleidete Frau den Kopf, zeigt in Richtung Schlossbrücke und erzählt: »Vor ein paar Tagen haben wir da mal geguckt, da hat die AfD gerade Wahlkampf gemacht. Mit dieser Storch. Was hat die gekeift! Also, wer sowas wählt ...«

»Sowas« hat eine junge Mutter gewählt, die mit zwei kleinen Kindern, eins noch in der Karre, aus dem Schlossparkcenter, einem Einkaufstempel, kommt. Na klar, sie habe ihre Stimme der AfD gegeben. Weshalb? Sie berlinert ein wenig: »Wenn ick mal wat Größeres für die Kleenen brauche, muss ick jedesmal beim Amt ’n Roman erzählen, warum. Und die kriegen allet rinjesteckt!« Die? »Na, die Flüchtlinge und so!«

»So viele Flüchtlinge haben wir doch hier gar nicht, die AfD hat das alles aufgeblasen.« Der Wartende an der Tramhaltestelle Marienplatz ist offensichtlich gut informiert. Mecklenburg-Vorpommern bekommt nach geltendem Verteilungsschlüssel nur gut zwei Prozent der Schutzsuchenden zugewiesen. »Ist traurig, dass die LINKE so schlecht abgeschnitten hat«, bedauert der Bahnpassagier. »Ich hab sie auch diesmal wieder gewählt - aber die haben früher irgendwie mehr gemacht, die müssen aktiver werden.«

Überhaupt nicht mehr aktiv für die Bürger seien die »alten« Parteien, »die tun doch nur noch was für sich«, ereifert sich ein Bäckereikunde in der Mecklenburgstraße beim späten Frühstück. Nein, die AfD mag er auch nicht, aber »das ist gut, dass die CDU und die SPD mal einen Dämpfer bekommen haben, vielleicht werden sie ja jetzt wach«. Was er selbst gewählt hat? »Sag ich nicht.« Die LINKE oder die Grünen? »Die Grünen bestimmt nicht. Gut, dass die weg sind.« Warum? »Die reden viel Zeugs, was keiner versteht - und raus kommt nix.«

Rausgekommen an diesem eher grauen Nachwahltag ist kurz die Sonne. Ein Männergrüppchen, alle vier deutlich im Rentenalter, macht Spaziergangspause am Pfaffenteich. Drei nicken nur, als ihr Kumpel mit der Schirmmütze auf die Frage zum Thema Wahlausgang reagiert: »Ist doch egal. Sind sowieso alles Strolche. Ich bin da gar nicht hingegangen.« Pause »Bei Erich war’s besser.« »Und bei Walter«, kichert ein weiterer Weißhaariger.

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