LINKE will Ex-GSW zurückkaufen

In mietenpolitischem Papier fordern Sozialisten Kehrtwende in der Wohnungspolitik

  • Nicolas Šustr und Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Linkspartei will die 2004 verkauften Wohnungen der GSW zurück in die öffentliche Hand bringen. Das geht aus einem aktuellen mietenpolitischen Papier der Partei hervor, das »nd« exklusiv vorliegt. »Welche Instrumente dafür zur Verfügung stehen, wird derzeit geprüft«, heißt es in dem vierseitigen Text, den unter anderem der Spitzenkandidat der LINKEN, Klaus Lederer, und die Wohnungsexpertin, die ehemalige Senatorin Katrin Lompscher, verfasst haben.

Gemeinsam mit Mieterinitiativen will die LINKE nach Wegen suchen, die Wohnungen zu rekommunalisieren. Tatsächlich hat die Mietergemeinschaft »Kotti & Co« bereits ein Modell entwickelt, wie eine Rückführung der rund 1500 Wohnungen am Südrand des Kottbusser Tors in Kreuzberg in öffentliches Eigentum möglich wäre. Rund 30 Millionen Euro würde das nach Berechnungen der Initiative kosten, wenn die noch auf den Objekten liegenden Darlehen gegengerechnet werden. Dabei gehen sie von den besonderen Bedingungen eines Milieuschutzgebietes aus. »Es wäre ganz wichtig, dass man den Kauf am Kotti als Modellprojekt versteht«, sagt Tashy Endres von »Kotti & Co«. Das Mieterbündnis will jedoch eine von den Bewohnern getragene Verwaltungsgenossenschaft mit im Boot haben, um größere Kontrolle zu erlangen. »Wir trauen der Politik nicht mehr so recht über den Weg«, sagt Endres. Schließlich habe das Land die Bestände einst privatisiert.

Hochgerechnet auf die 65 700 Wohn- und Gewerbeeinheiten der »Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft« (GSW) würden Kosten von mindestens 1,3 Milliarden Euro für die Übernahme des gesamten ehemaligen Bestands anfallen. Vor zwölf Jahren ist die GSW für einen Preis von 405 Millionen Euro sowie die Übernahme von 1,56 Milliarden Euro Schulden an das private Konsortium von Whitehall und Cerberus vom Land Berlin verkauft worden. Heute gehört ein Großteil der Wohnungen zum Wohnungsunternehmen Deutsche Wohnen. 2004 herrschte eine große Haushaltsnotlage im Land Berlin, der Verkauf der öffentlichen Wohnungen war dennoch höchst umstritten. Durch die Privatisierung wurde das Image der LINKEN in der Folge nachhaltig geschädigt.

Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, begrüßt das grundsätzliche Ziel durchaus. Er hegt jedoch starke Zweifel an der Umsetzbarkeit. »Es muss auch einen Verkäufer geben«, sagt er. Die Deutsche Wohnen, jetzige GSW-Eigentümerin, habe bisher kein Interesse daran bekundet. »Es gilt, erfolgreich ein preisbegrenzendes Vorkaufsrecht zu etablieren«, so Wild. Allein schon die öffentliche Äußerung einer Kaufabsicht hält er für problematisch. »Schon das führt zu einer Preissteigerung.« Bei der LINKEN ist man sich der vielen ungelösten Fragen durchaus bewusst. »Ursprünglich wollten die Anteilseigner der Wasserbetriebe auch nicht verkaufen«, gibt sich Thomas Barthel, Sprecher der Berliner Linkspartei, zuversichtlich.

Die Reaktion der Deutsche Wohnen auf solche Pläne fällt denkbar knapp aus: »Es gibt keinen Anlass, diese Idee zu kommentieren«, sagt Sprecherin Manuela Damianakis auf nd-Anfrage.

Um die »Kehrtwende« in der Wohnungspolitik einzuleiten, fordert die LINKE in ihrem Papier darüber hinaus, die kommunalen Wohnungsunternehmen jährlich mit einem zweckgebundenen Zuschuss von 200 Millionen Euro für das Eigenkapital auszustatten, um durch Neubau, Umbau, Sanierung und Ankauf mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. »Wir wollen nicht, dass die Unternehmen wieder in eine Situation wie in den 90er Jahren kommen«, erklärt Barthel. Um die hohen Schulden zu reduzieren wurden Wohnungsbestände verkauft und Mieten erhöht. »Es soll kein ungesundes Maß an Schulden entstehen«, so Barthel.

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