In schwerer See

Reedereikrise beschleunigt Konzentrationsprozess

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.

Acht Jahre Krise - und die Zeichen stehen weiter auf Sturm. Die Containerschifffahrt hat sich immer noch nicht vom Einbruch des Welthandels 2008 erholt. Stattdessen ist der kapitalintensive Schiffstransport im Umbruch und eine Welle von Allianzen, Aufkäufen und Fusionen zeichnet sich ab. Am dramatischsten steht es um Hanjin. Die südkoreanische Reederei, die eine wichtige Rolle bei Ost-West-Verbindungen spielt, kann seit Wochen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Dadurch sind Waren im Wert von zwölf Milliarden Euro auf den Hanjin-Schiffen gestrandet.

Die Konkurrenz reibt sich die Hände und ist dabei, Marktanteile zu übernehmen. Die französische Reederei CMA CGM etwa sieht sich bestätigt in ihrer Entscheidung, die in Singapur beheimatete Neptun Orient Lines zu kaufen und stärker auf den Markt im Fernen Osten sowie Linien über den Pazifik zu setzen. Zudem hat die Reederei angekündigt, 2017 die Vereinbarung mit dem chinesischen Wettbewerber COSCO über gegenseitige Tonnageausnutzung in die Praxis umzusetzen. Die Hamburger Hapag-Lloyd-Reederei wiederum übernahm im Juni den arabischen Wettbewerber UASC und wurde zur fünftgrößten Containerreederei der Welt.

Bei der Neuaufteilung werden auch unfeine Methoden angewendet. So erhielten Kunden der japanischen K-Line E-Mails, in denen die schwierige finanzielle Situation der Reederei beschrieben wurde. Diese reagierte mit einem scharfen Dementi und beschuldigte einen Konkurrenten der Verleumdung.

Der globale Branchenführer A.P. Møller-Mærsk aus Dänemark wählt einen anderen Weg, um seine Position zu halten. Kürzlich wurde der Konzern aufgespalten in die Geschäftsbereiche Transport&Logistics und Energy. Sprudelnde Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung in der Nordsee und am Persischen Golf konnten über Jahre die Verluste im Containertransport ausgleichen, doch der Ölpreisverfall hat den Bereich zum Klotz am Bein gemacht. Deshalb will der Konzern freie Mittel künftig auf den Bereich Logistik konzentrieren.

Dänischen Branchenbeobachtern zufolge hat Mærsk Interesse am Kauf der Hanjin-Schiffe oder der ebenfalls kränkelnden südkoreanischen HMM-Reederei, um die eigene Position im Fernost-/Pazifikbereich zu stärken. Auch wolle der Konzern die Reederei- und Hafenaktivitäten mit landbasierten Transportangeboten ergänzen - also groß in den Lkw- und eventuell den Eisenbahnbereich einsteigen. Anders als seine Wettbewerber könnte der Konzern dann ein komplettes Transportangebot von den Produzenten bis zu den Warenabnehmern anbieten.

Die Konsolidierung in der Branche ist den riesigen Verlusten zuzuschreiben, die alle Reedereien auf Grund des Verfalles der Frachtraten hinnehmen mussten. Daran sind die Unternehmen zu einem Gutteil selbst schuld: durch Investitionen in zu viele Schiffsneubauten und durch die Strategie, die Konkurrenz mit nicht einmal kostendeckenden Frachtraten zu unterbieten. Erwartet wird, dass kleine und mittlere Containerreedereien höchstens noch regional eine Rolle spielen werden, während die ganz Großen die lukrativen Routen zwischen den Kontinenten beherrschen.

Der mittlerweile drastische Auftragsrückgang für neue Schiffe hat längst auch zu einer tiefen Krise in der südkoreanischen Werftindus-trie geführt, während die chinesischen Staatsbetriebe ihre Kapazitäten noch erweitern. Auch hier werden die Karten neu gemischt.

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