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Visegradgruppe - kein monolithischer Block

Vierer-Verbindung zeigt deutliche Differenzen zwischen Polen und Ungarn einerseits sowie Slowakei und Tschechien andererseits

  • Jindra Kolar, Prag
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Visegradstaaten Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn werden wegen ihrer euroskeptischen und Flüchtlingsquoten ablehnenden Haltung oft als eine Einheit angesehen. Was von außen, vor allem von der westeuropäischen Medienwelt, als monolithischer Block angesehen wird, muss im Innern doch differenziert betrachtet werden. Polen und Ungarn werden derzeit von nationalistischen konservativen Regierungen geführt, die sich in ihrer ideologischen Ausrichtung sehr nahe stehen. Beider Länder Regierungschefs, Polens Beata Szydlo und Ungarns Viktor Orban, lassen auch keine Gelegenheit aus, gegen »Bevormundung« oder ein »Diktat« Brüssels zu wettern. Und vollmundig erklären sie, ihr jeweiliges Volk stünde hinter ihnen. Dass dies nicht unbedingt der Fall ist, zeigte die Referendumsschlappe, die Orban hinnehmen musste.

Sicher sind die beiden Regierungschefs in ihrer Weltauffassung einander näher als die Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka und Robert Fico. Erst im September empfing Orban im Tatra-Kurort Krynica aus den Händen seiner Warschauer Amtskollegin den Preis »Mann des Jahres«. Auf einer Podiumsveranstaltung bekräftigten er und der polnische Rechtspopulist Jaroslaw Kaczynski ihre Ablehnung von Flüchtlingen und Islam. Orban erklärte dabei, er drücke eigentlich aus, was auch »die Mehrheit der Bevölkerung im Westen« denke. Bezeichnenderweise waren jedoch weder der slowakische noch der tschechische Ministerpräsident bei der Politshow anwesend.

Zwar hatte Fico bei den Märzwahlen auch auf die migrantenfeindliche Karte gesetzt, doch sind seither und vor allem mit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im Juli die Töne aus Bratislava moderater geworden. Denn sowohl die Slowakei - einziges Euroland der V4 - als auch Tschechien sind politisch und wirtschaftlich viel zu eng an Westeuropa, speziell an die Nachbarn Deutschland und Österreich gebunden, um eine Politik des Dissens fahren zu können und zu wollen.

Anlässlich des Brexits äußerte der tschechische Regierungschef Sobotka die Befürchtung, es könnte nun eine neue Barriere zwischen den westlichen EU-Mitgliedern und den jüngeren östlichen errichtet werden.

Prag und Bratislava betonen daher die Gemeinsamkeit mit der Union und fordern eine Politik der ruhigen Schritte, in der auf Verhandlungsbasis die anstehenden Probleme gelöst werden. Grund für diese Politik ist, dass die beiden Staaten wirtschaftlich deutlich enger mit den westlichen Nachbarn liiert sind als das entferntere Polen und Ungarn. Viele westliche Firmen haben Zweigstellen errichtet. Gemessen an der Größe des Landes kann sich die Slowakei so zu den größten Automobilbauern er Welt zählen. VW, Hyundai sowie Peugeot-Citroën haben dort Werke errichtet. Jaguar Land Rover zieht mit einer Rieseninvestition nach.

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