Lebenslang Afrika verbunden

Edelgard Nkobi-Goldberg

  • Jochen Reinert
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine wichtige Stimme aus dem südlichen Afrika ist verstummt.
Als Edelgard Nkobi-Goldberg im Mai vorigen Jahres Berlin zum letzten Mal besuchte und mit dem Dietz Verlag über das Buch »Der Staat gegen Mandela« verhandelte, war sie voller Pläne und voller Optimismus, ihre Krankheit besiegen zu können. Und als sie im Juli auf der Kapstädter Buchmesse Joel Joffes Werk über den Rivonia-Prozess präsentierte - sie übersetzte es und schrieb ein umfangreiches Nachwort -, war das einer der schönsten Augenblicke ihrer letzten Lebensjahre. Die am 11. Oktober 1938 in Bad Frankenhausen geborene Journalistin hat in ihrem Leben nie den bequemen Weg gesucht. Als sie in den 60er Jahren in Leipzig Publizistik und Afrikanistik studierte, kam sie zum ersten Mal mit der DDR-Solidaritätsbewegung für Südafrika in Berührung. Auf Postkarten nach Pretoria forderte sie Freiheit für die Rivonia-Männer. Damals lernte sie den Fotografen und Antiapartheid-Aktivisten Zenso Nkobi kennen, dem sie - inzwischen für die Nachrichtenagentur ADN arbeitend - in den 70er Jahren ins Exil nach Sambia und später nach Simbabwe folgte. In ihrer neuen Heimat Bulawayo (Südsimbabwe) erlebte sie das Massaker der Mugabe-Regierungstruppen am Volk der Matabele mit, dem ihr Mann beinahe zum Opfer gefallen wäre. Mit ihren Töchtern Jaqueline und Tina zog sie 1988 nach Düsseldorf, wo sich ihr neue Tätigkeitsfelder eröffneten: Zum einen berichtete sie seit Anfang der 90er Jahre - immer wieder auf Reisen in den Süden Afrikas - unter dem Pseudonym Hanna Ndlovu für ND und andere Medien. Zum anderen engagierte sie sich stark in der von Denis Goldberg, dem Rivonia-Gefangenen Nr. 3, in London gegründeten Hilfsorganisation Community H.E.A.R.T. 2002 - ihr erster Mann war 1993 gestorben - heiratete sie Goldberg und zog mit ihm nach Südafrika. Dank ihrer gediegenen Kenntnis des südlichen Afrikas, zahlreicher Reisen und intensiver Kontakte zu vielen Persönlichkeiten vermochte sie in ihrer Berichterstattung ein wahrhaftiges Bild von der komplizierten Entwicklung in der Region zu vermitteln - wobei sie bei aller Verbundenheit, bei all ihrer Liebe zu Afrika und seinen Menschen nie ihre kritische Sicht der Dinge aufgab. Die Auseinandersetzungen im ANC waren ebenso wie die Strategien der Bergbaukonzerne, der Friedensprozess in Burundi oder die Lage der mosambikanischen DDR-Vertragsarbeiter wiederkehrende Themen. Immer wieder wandte sie sich auch der Geschichte des Befreiungskampfes zu, übersetzte unter anderem eine Autobiografie von Ronnie Kasrils, dem Chef des militärischen ANC-Geheimdienstes und späteren Minister, ins Deutsche. Zuletzt gab sie jenes Rivonia-Buch heraus, das unlängst Nelson Mandela überreicht wurde. Doch daran konnte sie nicht mehr teilnehmen. Am 27. Dezember erlag sie ihrer schweren Krankheit. Eine wichtige Stimme aus dem südlichen Afrika ist verstummt. Edelgard wird uns fehlen.

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