3693 E-Mails mit Viren oder Trojanern

Thüringen: Angriffe auf Behördendaten nehmen zu

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

All das, was in den Datennetzen der Thüringer Landesverwaltung über die Menschen im Freistaat gespeichert ist, wird immer häufiger zum Ziel von Internet-Kriminellen: Adressen, Steuerdaten, Angaben zu begangenen Ordnungswidrigkeiten und Strafverfahren sowie vieles, vieles mehr. Inzwischen sei die Sicherheitslage für die Datennetze der Landesverwaltung »kritisch«, sagt Thüringens Finanzstaatssekretär Hartmut Schubert (SPD). Diese Lage habe sich in den vergangenen Monaten deutlich verschärft. Schubert ist auch der oberste Beauftragte des Landes für die IT-Sicherheit in Thüringen.

Erst dieser Tage habe es einen Angriff auf das Datennetz des Landes gegeben, der nicht sofort habe gestoppt werden können, sagt Schubert. Eine mit einer pdf-Datei versehene E-Mail sei innerhalb des Verantwortungsbereichs des Thüringer Innenministeriums von Mitarbeitern geöffnet worden. Die pdf-Datei sei als Bewerbungsunterlagen getarnt gewesen, habe aber tatsächlich Schadsoftware - einen sogenannten Trojaner - enthalten. Dieser habe mit dem Öffnen der pdf-Datei mehrere Rechner infiziert. Nachdem die Infektion bemerkt worden sei, habe der Angriff dann aber schnell beendet werden können, ohne dass ein Schaden entstanden sei, sagte Schubert.

Nach übereinstimmender Einschätzung von Schubert sowie von Sicherheitsexperten der Telekom-Tochter T-Systems geht vom unvorsichtigen Umgang von Mitarbeitern des Landes mit E-Mails oder mit Webseiten die größte Gefahr für die IT-Systeme des Freistaates aus. »Ohne menschliches Zutun hat ein Angreifer eigentlich keine Chance«, sagt ein Mitarbeiter des Unternehmens. Die Tausenden Beschäftigten des Landes so zu sensibilisieren, dass sie sich grundsätzlich über die Gefahren einer digitalen Welt im Klaren seien und gleichzeitig um die jeweils aktuellsten Herangehensweisen von Hackern wüssten, sei eine enorme Herausforderung, hieß es.

Trotzdem bescheinigten Vertreter von T-Systems Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich ein höheres Bewusstsein für digitale Risiken als es besonders in kleinen und mittelständischen Unternehmen vorhanden sei. T-Systems berät das Land bei der Sicherung seiner Datensysteme.

Die technische Infrastruktur des Freistaates dagegen sei derzeit »auf der Höhe der Anforderungen«, sagt der T-Systems-Mitarbeiter. Zwar lasse sich theoretisch zum Beispiel durch den Umstieg auf das Betriebssystem Linux in der Landesverwaltung »ein spürbares Plus an Sicherheit« erreichen. Doch weil die wenigsten Menschen mit dieser Software - anders als im Umgang mit Windows - vertraut seien, werde darunter die Effizienz der Verwaltung leiden. Deshalb sei diese Möglichkeit in der Praxis keine Option.

Im September 2016 gingen nach Angaben des Thüringer Finanzministeriums etwa 1,3 Millionen E-Mails bei der Thüringer Landesverwaltung ein. Etwa 990 000 dieser elektronischen Postkarten seien als Spam-Mails eingestuft worden, hieß es aus dem Finanzministerium. Das entspricht einer Spam-Quote von mehr als 76 Prozent. Zudem seien 3693 dieser E-Mails mit Computer-Viren, Trojanern oder anderer Schadsoftware verseucht gewesen.

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