Frösi-Horst und der Weltuntergang

Der Parteitag der CSU in München als Kampfansage an »Linksfront« und AfD

  • Rudolf Stumberger. München
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Messehalle hatten die CSU-Delegierten schon ihr letztes Weißbier ausgetrunken, da wurde ihnen draußen an der Willy-Brandt-Allee noch mal aufgetischt: Forelle weiß-blau mit brauner Soße. So nannte die »Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten« ihre Protestaktion »Gegen rassistische Hetze und populistischem Stimmenfang am rechten Rand« bei der CSU.

Deren Parteivorsitzender Horst Seehofer hatte kurz zuvor das Selbstverständnis der Partei mit ein paar abschließenden Worten auf den Punkt gebracht; man fühlte sich dabei an die DDR-Kinderzeitschrift »Frösi« (»Fröhlich sein und singen«) erinnert. Zum einen, weil Seehofer seine Partei aufforderte, den Menschen im Lande »fröhlich« und mit einer »gewissen Leichtigkeit« gegenüber zu treten. Und zum zweiten, weil man sich derartig staatstragend gab, dass alle Affären, in denen sich CSU-Funktionäre die Taschen gefüllt hatten, nicht wahr sein können. Seehofer: »Wir üben keine Herrschaft aus, sondern leisten einen Dienst am Staat«: Demnächst wird dem Vorsitzenden wohl ein Heiligenschein aus dem Hinterkopf wachsen.

Weitermachen wie bisher aber will die Partei, die seit 50 Jahren in Bayern dem Staate »dient«, nicht. Denn die Zeiten sind nicht gut, irgendwie droht der Untergang des Abendlandes und die AfD klaut der CSU nach jüngsten Umfragen die absolute Mehrheit. Seehofer spricht auf dem Parteitag von einer »tektonischen Verschiebung in der politischen Landschaft.« Zuvor allerdings galt es noch die unzähligen Siege und Erfolge der Partei zu feiern, die Bayern bekanntlich ein einen »Vorort des Paradieses« verwandelt: »Wunderbar blühende wirtschaftliche Lage«, »niedrigste Arbeitslosenzahl«, »schuldenfrei«, »keine Erbschaftssteuer für Unternehmen«, »Top-Bildungsland«. Kurzum: »Wir können es besser und wir machen es besser«.

Dann wendet der Parteitag sich den beiden Hauptblöcken zu, den Leitanträgen zum »Politischen Islam« und »Linksruck verhindern«. Bei ersterem ist man inhaltlich bei der Flüchtlingsdebatte - und der Gastredner des Parteitages, Österreichs Außenminister Sebastian Kurz, reiht sich ein in die Koalition der Grenzschließer wie Victor Orban und sagt Sätze wie: »Solange die Rettung im Mittelmeer mit einem Ticket für Mitteleuropa verbunden ist«, werde sich die Situation nicht ändern. Kurz will Flüchtlinge auf Inseln festsetzen.

Seehofer erneuert in seiner Rede seine Standhaftigkeit gegenüber der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin: »Ich werde in dieser Frage die Seele der CSU nicht verkaufen«. Möglich sei, dass es hier mit Merkel, die ja nicht zum Parteitag erschienen war, keine Verständigung gebe. Als es aber am Samstag mit dem Antrag »L 6« gegen 12.18 Uhr quasi um die Nagelprobe auf all die eskalierende Parteirhetorik der vergangenen Wochen geht, ist Schadensbegrenzung angesagt. Der CSU-Delegierte Thomas Schmitt (Main-Spessart) hatte gefordert, die CSU-Abgeordneten sollten die Wiederwahl von Merkel zur Bundeskanzlerin wegen ihrer Asylpolitik nicht unterstützen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Der Leitantrag zum »Politischen Islam« ist ein Sammelsurium wilder Behauptungen. So würden bereits »christliche St. Martins-Feste« umbenannt. Mit Formulierungen, die eine »Situation kultureller Selbstschwächung« oder der »Selbstrelativierung unserer Werte« beklagen, atmet der Text den Geist von Oswald Spenglers »Untergang des Abendlandes«. Nebenbei verlangt die CSU in dem Antrag den Einsatz der Bundeswehr im Inneren und will dazu das Grundgesetz ändern.

Spenglert es also in diesem Antrag ganz gehörig, glaubt man in Sachen »Linksrutsch« bei Generalsekretär Andreas Scheuer einen leicht autokratischen Zungenschlag herauszuhören: »Wir sprechen Klartext. Wir haben eine Richtung. Wir haben eine Ordnung« - hier meinte man, das »R« in einer speziellen Art und Weise rollen zu hören. Jedenfalls: »Es geht ums Ganze«, die »Masken sind gefallen«, die »Katze ist aus dem Sack«, es gelte »die linke Republik zu verhindern«, also die »Linksfront« aus SPD, Grünen und Linkspartei. Letztere vertrete noch immer die »Errichtung des Sozialismus«. Dem setze man »Die Ordnung« entgegen. Und das hat nichts mit »Krieg der Sterne« zu tun, es ist der Titel des neuen CSU-Grundsatzprogramms. Das klingt nach der Weimarer Zeit, als sich Bayern als »Ordnungszelle des Reiches« gab.

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