Trump wählt rechtsradikalen Hetzer als Chefstrategen

Mit Steve Bannon holt der zukünftige Präsident der USA einen überzeugten Antisemiten und Rassisten ins Weiße Haus

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 5 Min.

Trump scheint mit seinen ersten Personalentscheidungen den Politikstil seiner zukünftigen Präsidentschaft bereits anzudeuten. So wurde der aus dem Establishment stammende republikanische Parteivorsitzende Reince Priebus zum Stabschef im Weißen Haus berufen. Viel interessanter scheint jedoch die Wahl seines zukünftigen Chefstrategen. Diese Position geht nämlich an den rechtsradikalen Demagogen und Antisemiten Steve Bannon. Der 62-Jährige war seit August 2016 bereits der Wahlkampfmanager von Trump gewesen. Französische und US-amerikanische Medien hatten den ehemaligen Dokumentarfilmer in den vergangenen Tagen wiederholt mit Josef Goebbels verglichen. Der Ku-Klux-Klan und weitere neonazistische Vereinigungen zeigten sich über seine Ernennung erfreut. Ein genauerer Blick lohnt sich also.

Bannon war bis zu seinem Engagement in der Kampagne des Immobilienmilliardärs einer der Hauptverantwortlichen der Nachrichtenseite »Breitbart News«. Diese verortet sich in der »alternativen Rechten«, einer vor allem im Internet verbreiteten Bewegung von Rassisten, Verschwörungstheoretikern, Internettrollen und weißen Nationalisten. Seit Jahren kämpft »Breitbart« gegen Clinton, die progressive Linke aber auch gegen das Establishment der Republikaner. Die Nachrichtenseite gilt als einer der Gründe für das Erstarken der »Tea Party«-Bewegung, durch die sich die konservative Partei der USA in den vergangenen Jahren nach rechts entwickelt hat. Genau wie Trump provoziert auch die Nachrichtenseite regelmäßig mit sexistischen und rassistischen Äußerungen. Ideologisch wird gegen »politische Korrektheit« gewettert und wie bei der in Europa aktiven völkischen »Identitären Bewegung« das Konzept des Ethno-Pluralismus vertreten.

Die Liste der Ausfälle ist lang: »Breitbart« warf unter anderem Präsident Obama vor, »hassende Muslime zu importieren«. Der konservative Nachrichtenkommentator Bill Kristol wurde ein »abtrünniger Jude« genannt. Junge Muslime seien »tickende Zeitbomben«. Weibliche Opfer von Online-Hasskommentaren sollten sich »einfach ausloggen« und aufhören, »Männern das Internet zu versauen«. Geburtenkontrolle würde Frauen »unattraktiv und verrückt machen«.

Kein Wunder, dass in den Vereinigten Staaten der Aufschrei groß war, als die Ernennung von Bannon bekannt gegeben wurde. »Es ist leicht zu erkennen, warum der Ku-Klux-Klan Trump als seinen Fürsprecher feiert, wenn Trump einen der führenden Vertreter des Rassismus als seinen Top-Assistenten ernennt«, erklärte beispielsweise Adam Jentleson, der Sprecher des demokratischen Senators von Nevada, Harry Reid. »Es ist ein trauriger Tag, wenn ein Mann, der für die wichtigste Webseite der alternativen Rechten verantwortlich war – ein loser Zusammenschluss von weißen Nationalisten, unverfrorenen Antisemiten und Rassisten – Führungskraft in einem Volkshaus wird«, sagte Jonathan Greenblatt, Vorsitzender der Anti-Diskriminierungsliga. Das Southern Poverty Law Center sieht in dem ehemaligen Journalisten die »Hauptkraft hinter der Entwicklung von Breitbart zu einer Propagandamühle des weißen Ethno-Pluralismus.«

Auch Bannon selbst hat wiederholt deutlich gemacht, wie er über seine politischen Gegner denkt. 2010 drehte er einen Dokumentarfilm über die kapitalismuskritische Occupy-Bewegung. In einem Interview erklärte er danach, dass sich Menschen, die den Film betrachten, erst mal »duschen müssten«. Die porträtierten Aktivisten seien die »schmierigsten und dreckigsten Menschen, die man je gesehen habe«. Die rechtsradikale Vorsitzende des französischen Front National, Marion Maréchal-Le Pen, wird dagegen von Bannon bewundert. Sie sei der »neue aufsteigende Star« des Landes. Die Politikerin stimmte auf Twitter einer Zusammenarbeit zu. Auch Sympathie für die deutsche AfD, die britische UKIP sowie die niederländische PVV wird ihm nachgesagt. Das Mediennetzwerk »Breitbart« ist momentan in London und Jerusalem vertreten, angekündigt wurde eine Ausweitung nach Frankreich und Deutschland.

Der in Virginia geborene Medienschaffende studierte an der Georgetown Universität und Harvard Business school. Später wurde er Offizier der US-Marine und Investment-Banker für Goldman Sachs. In seinen Dokumentarfilmen porträtierte er unter anderem Ronald Reagan, Sarah Palin und die Tea Party-Bewegung. Bannon kam zu Reichtum und lebt heute in einem über zwei Millionen Dollar teuren Stadthaus in Los Angeles.

2007 hatte seine Ex-Frau dem 62-Jährigen vorgeworfen, antisemitische Äußerungen getätigt zu haben. Die Eltern hatten sich gestritten, ob die zwei gemeinsamen Töchter eine Privatschule besuchen sollten. Bannon habe dies laut Mary Louise Piccard verweigert, da er nicht gewollt habe, dass »die Mädchen mit Juden in die Schule gehen«. Der Dokumentarfilmer hatte die Anschuldigung zurückgewiesen. 1996 wurde Bannon wegen häuslicher Gewalt angezeigt. Piccard berichtete, Bannon habe sie mit Gewalt gepackt und ihr Handy zerstört, als sie die Polizei rufen wollte. Die Anklage wurde jedoch fallen gelassen, als seine Ex-Frau nicht zum Gerichtstermin erschienen war.

Bannon mag (noch) kein Josef Goebbels sein. Frauen, Linke, Juden, Muslime und sexuelle wie ethnische Minderheiten sollten sich dennoch auf kommende Angriffe aus seinem Büro im Weißen Haus gefasst machen. In einem Interview 2010 brachte er seine politische Philosophie auf den Punkt: »Angst ist eine gute Sache«.

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