Loyaler Lückenbüßer

Personalie

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Schweizer Taschenmesser hat ein guten Ruf. Insofern tut man Bernard Cazeneuve möglicherweise Unrecht, wenn man den französischen Politiker der Parti Socialiste als solches bezeichnet. Das geschieht freilich halb spöttisch, halb bewundernd. Letzteres, weil er eine Allzweckwaffe ist, ersteres, weil man das auch als Lückenbüßer bezeichnen könnte.

Jetzt muss Cazeneuve für Manuel Valls als Regierungschef Frankreichs in die Bresche springen. Dieser hatte am Montagabend erklärt, für die Sozialisten als Nachfolger von Präsident Hollande ins Rennen zu gehen. Um sich ganz auf den Wahlkampf zu konzentrieren, trat er zurück. Es ist nicht das erste Mal, das der bisherige Innenminister Cazeneuve Lücken stopft, die Valls hinterlässt. Vor zwei Jahren war er dem rechten Sozialdemokraten als Innenminister nachgefolgt.

Zuvor war der Hobby-Rosenzüchter mit dem Einstecktuch und den langen geschliffenen Sätzen Haushaltsminister unter Hollande gewesen. Er gilt als dessen enger Vertrauter und wird nun loyal die letzten sechs Monate als sein Regierungschef dienen. Es dürfte die kürzeste Amtszeit eines französischen Premierministers sein. Denn zurzeit gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass die Parti Socialiste ein Wörtchen im Rennen um das Präsidentenamt mitzureden hat.

Der Lehrersohn Cazeneuve war Anwalt, Richter und Bürgermeister der nordfranzösischen Stadt Cherbourg. Als Innenminister erwarb er sich einen Ruf als »Chefpolizist« und unaufgeregter Krisenmanager, der allerdings auch in Rage geraten kann. Zum Beispiel, als nach den Pariser Anschlägen vom November 2015 Streitereien zwischen diversen Polizeieinheiten ausbrachen: »Damit das allen klar ist: Wenn es um die Sicherheit der Franzosen geht, entscheide ich«, rief er. Hollande sagte am Dienstag, der Schutz der Franzosen sei die Mission von Bernard Cazeneuve als Premierminister. »Aber schützen reicht nicht. Man muss die Zukunft vorbereiten.« Dafür bleibt Cazeneuve nicht viel Zeit.

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