Eine Schonfrist gibt es nicht
Martin Kröger über den neuen rot-rot-grünen Senat in Berlin
Berlin tickt anders. Während in vielen Ländern und Orten weltweit Rechte an die Macht gelangen oder an der Macht kratzen, sendet die Metropole Berlin zum Jahresende ein anderes Signal: Die Alternative ist an der Spree nicht rechts, sondern Mitte-links. Schließlich hat die neue Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen nichts weniger versprochen, als mit einem sozial-ökologischen Politikwechsel den rechten Trend zu stoppen. Das Bündnis will zeigen, dass es soziale und politische Alternativen jenseits nationalstaatlich bornierter Lösungsansätze gibt. Dafür bietet der 187-seitige Koalitionsvertrag einiges an Potenzial - das hat nicht zuletzt die überwältigende Zustimmung der teils eigentlich regierungskritischen Basis der Berliner Linkspartei zu dem Vertragswerk untermauert.
Fest steht aber auch: Die übliche 100-tägige Schonfrist für neue Regierungen kann sich der Senat in Berlin abschminken. Viele Probleme in der Hauptstadt - die maroden Schulen und Ämter, die in Turnhallen dahinvegetierenden Flüchtlinge und der krasse Wohnungsmangel - brennen so stark auf den Nägeln, dass sie sofort angegangen werden müssen. Ein entsprechendes 100-Tage-Programm ist für den Jahresbeginn angekündigt worden. Es wird der erste Gradmesser, wie handlungsfähig das Dreierbündnis tatsächlich ist.
Damit Rot-Rot-Grün ein Erfolg wird, braucht es aber nicht nur gutes Regieren, sondern gesellschaftlichen Druck. Ohne ihn wird es nicht klappen.
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