Baudenkmäler verfallen reihenweise

Mecklenburg-Vorpommern: Wird ein Notsicherungsfond die Eigentümer historischer Gebäude künftig unterstützen?

  • Iris Leithold, Dömitz
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einem großen Krach versank der mächtige Fachwerkbau aus dem Jahr 1770 in einer Staubwolke. Jahrelang hatte das denkmalgeschützte Gebäude im Herzen von Dömitz im Westen Mecklenburg-Vorpommern leergestanden, der Eigentümer nichts zur Rettung des Gebäudes unternommen, wie Bürgermeister Helmut Bode (CDU) sagt. An einem Sonntagvormittag im Herbst vorigen Jahres brach es zusammen. Bode stimmt der Verlust des dreigeschossigen Eckgebäudes in der Nähe des Rathauses traurig. »Wir hatten keine Handhabe«, bedauert er.

Das Schicksal des über 200 Jahre alten Hauses ist kein Einzelfall. Überall im Land werden historische Gemäuer restauriert und herausgeputzt, doch vielerorts verfallen auch erhaltenswerte Gebäude. Allein in Dömitz gebe es mehrere gefährdete Bauten, sagt Bode.

Prägend für den Nordosten sind die rund 1500 Guts- und Herrenhäuser. Von ihnen sind 150 bis 200 in desaströsem Zustand, wie Manfred Achtenhagen vom Verein Guts- und Herrenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern sagt. »Sie müssen notgesichert werden, sonst werden die Schäden irreparabel.« Notsicherung, das heißt vor allem Abdichtung des Daches, denn Feuchtigkeit ist der größte Feind von Gebäuden.

Achtenhagens Verein fordert seit Jahren einen Notsicherungsfonds für verfallende Baudenkmäler - bislang erfolglos. Doch jetzt tut sich etwas. Der Landtag forderte die SPD/CDU-Landesregierung in der jüngsten Landtagssitzung Mitte Dezember auf, das Denkmalschutzgesetz des Landes zu ändern und die Denkmalpflege in der nächsten EU-Förderperiode ab 2021 als einen Schwerpunkt zu berücksichtigen. Das Ziel: Private Eigentümer sollen besser bei der oft sehr teuren Sanierung unterstützt werden. Der Treiber in dieser Sache ist die mitregierende CDU. Schon mit dem nächsten Doppelhaushalt ab 2018 soll nach dem Willen der Union ein Notsicherungsfonds aufgelegt werden, damit die Denkmalbehörden im Land handeln können, wenn ein historisches Gebäude bedroht ist. So sollen Fälle wie der von Dömitz künftig verhindert werden.

»Die Landkreise können schon jetzt Notsicherungsmaßnahmen durchführen, wenn die Eigentümer untätig bleiben, und sich später ihre Auslagen von diesen zurückholen«, sagt die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Ann Christin von Allwörden, eine junge Abgeordnete aus Stralsund. »Das Problem ist nur, dass sie dafür kein Geld haben.«

Den Anstoß für den Vorstoß der CDU gab eine Sommertour zum Thema Baudenkmäler 2015, erzählt von Allwörden. Die Fahrt führte unter anderem nach Koblentz (Landkreis Vorpommern-Greifswald), wo ein Verein den Parlamentariern von seinen Mühen berichtete, Geld für die Rettung eines klassizistischen Mausoleums aus dem Jahr 1854 aufzutreiben. Auf mehr als 200 000 Euro werden die Kosten geschätzt. Der Freundeskreis will ein ländliches Kulturzentrum aus dem architektonischen Kleinod machen, das jahrzehntelang als Kirche genutzt worden ist, aber der Kommune gehört.

»Der Zustand ist dramatisch«, sagt Wiltrud Betzler-Schellin von dem Verein. Bei jedem Sturm bange sie um das marode Gebäude mit den vier markanten Säulen vor dem Eingang. Erbaut hat es der Berliner Architekt Friedrich Hitzig - der Fritz aus E.T.A. Hoffmanns Weihnachtsmärchen »Nussknacker und Mausekönig«.

Seit drei Jahren sucht der Verein nach Möglichkeiten, das Mausoleum zu sanieren, berichtet Schellin. »Wir haben viel getrommelt.« Mit Erfolg. Im nächsten Jahr kann aller Voraussicht nach die Rettung starten. Der Bund habe Förderung zugesagt, und auch vom Land könnte es Geld über den EU-Landwirtschaftsfonds Eler geben. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal