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Butterwege fordert radikalen Sozialumbau

Gegenkandidat Steinmeiers bei der Bundespräsidentenwahl stellt ausführliche Pläne zur Steuerpolitik und Umverteilung vor

  • Lesedauer: 2 Min.

Köln. Christoph Butterwegge, Kandidat der LINKEN für das Bundespräsidentenamt, fordert von der kommenden Bundesregierung einen radikalen Umbau des Sozialstaats und der Steuerpolitik. »Um ein weiteres Auseinanderfallen der Gesellschaft zu verhindern, brauchen wir als materielle Grundlage eine Umverteilung von oben nach unten«, sagte der Armutsforscher der Deutschen Presse-Agentur in Köln. Konkret verlangt er, dass die Vermögensteuer wieder eingeführt wird, der Einkommens-Spitzensteuersatz steigt und bei der Erbschaftsteuer große Betriebsvermögen stärker herangezogen werden. Die Mehrwertsteuer, die Geringverdiener hart treffe, solle dagegen gesenkt werden.

Armut sei eine Gefahr für den sozialen Zusammenhalt, betonte Butterwegge. »Auch im Bewusstsein muss sich etwas ändern: dass man Arme nicht verächtlich machen darf, dass Empfänger von Hartz-IV-Leistungen nicht als «Faulenzer» oder «Sozialschmarotzer» gelten.« Der Wissenschaftler tritt gegen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) an, dessen Wahl zum Nachfolger von Präsident Joachim Gauck am 12. Februar als sicher gilt.

Banken und Wirtschafts-Lobbyisten hätten zu viel Einfluss auf die Politik, kritisierte Butterwegge, der für mehr direkte Demokratie in Form von Bürgerbegehren oder -entscheiden plädiert. Da Arme keine ökonomisch einflussreiche Lobby hätten, sei es im Kampf gegen die Armut »weitgehend bei Lippenbekenntnissen« geblieben. Größere Bevölkerungsgruppen fühlten sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten.

Die Ungleichheit hinsichtlich Einkommen und Vermögen wachse seit Jahren. Fast zwei Millionen Kinder und Jugendliche lebten in Familien, die auf Hartz-IV angewiesen seien. Rund 536.000 ältere Menschen, deren Rente zum Leben nicht ausreiche, beziehen Butterwegge zufolge eine Grundsicherung. »Hinzu kommt eine sehr hohe Dunkelziffer, weil gerade die Älteren zu stolz sind und sich schämen, zum Amt zu gehen.« Viele hätten auch Angst, dass ihre Kinder herangezogen werden könnten, was aber erst bei einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro der Fall sei.

Das Armutsrisiko Älterer wachse seit einiger Zeit stärker als das jeder anderen Bevölkerungsgruppe. Die große Koalition kapituliere aber geradezu vor der Altersarmut. Beim »Rentengipfel« im November sei »nichts Substanzielles beschlossen worden, um die Not der Menschen zu lindern, die mit ihrer Rente nicht über die Runden kommen«, kritisierte der 65-Jährige. Die Gespräche hatten eine tiefe Kluft zwischen Union und SPD in der grundsätzlichen Ausrichtung der Rentenpolitik offen zutage treten lassen.

Seit den Hartz-Gesetzen herrsche »soziale Eiseskälte in Deutschland«, beklagte Butterwegge. Es brauche mehr Solidarität, und diese Einsicht wachse. »Ich glaube, viele wären bereit, dafür auch höhere Steuern zu zahlen.« dpa/nd

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