Placebos gegen Abstiegsängste
Aert van Riel sieht in den Agenda-Korrekturen nur halbherzige Reformen
Gegen die Abstiegsängste in Deutschland betreibt die SPD eine Placebo-Politik. Trotz Mindestlohn, Mietpreisbremse und der Rente mit 63 ist die Armutsrisikoquote zuletzt auf 15,7 Prozent gestiegen. In diese Reihe passt nun auch ein Vorstoß von Malu Dreyer. Die rheinland-pfälzische Regierungschefin will die Höhe des Schonvermögens für Bezieher von Hartz IV künftig stärker an die Lebensarbeitszeit anpassen. Wer nach einer langen Berufskarriere erwerbslos wird, soll deutlich mehr von seinem ersparten Geld behalten dürfen als jemand, der noch am Anfang seines Berufslebens steht. Damit will die SPD nur für einige Erwerbslose kleine Verbesserungen erreichen, denen es materiell ohnehin vergleichsweise besser geht. Eine deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Sätze und des Schonvermögens mit dem Ziel, für alle Betroffenen eine menschenwürdige Existenz zu sichern, ist für Dreyer und ihre Genossen hingegen undenkbar.
Somit bleibt das Handeln der SPD von Widersprüchen geprägt. Die Partei steht im Kern zu ihrer Agenda 2010, weil die Bundesrepublik dadurch wettbewerbsfähiger geworden ist. Zugleich wollen führende Sozialdemokraten Korrekturen vornehmen, um Arbeiter und Angestellte wieder für sich zu gewinnen. Halbherzige Reformen, die an den Kernen der Probleme vorbeigehen, sind das Ergebnis dieser Politik.
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