Der Horst zieht es durch

CSU fordert auf ihrer Klausurtagung erneut schärfere Gangart in der Flüchtlingspolitik

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 4 Min.

Neu an der traditionellen Januarklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag ist der Ort: Jahrzehntelangen traf man sich in Wildbad Kreuth, heuer kam man im Benediktinerkloster Seeon zusammen. Nicht geändert aber hat sich der Charakter der Zusammenkunft: Zu Jahresbeginn die geballte mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen und das politische Profil der bayerischen Regionalpartei hinaus in die Lande tragen. Seit Jahren dominiert dabei die Flüchtlingsabwehr und heuer legt die CSU angesichts drohender Wahleinbußen durch die rechtspopulistische AfD noch einmal nach. Mehr angebliche Sicherheit durch Verschärfung der Gesetze, so lautet das Credo aus dem winterlichen Bayern.

40 Jahre lang dauerte die CSU-Präsenz im legendären Wildbad Kreuth, das Angehörigen des Wittelsbacher Adelsclans gehört, weil aber das dortige Tagungsgebäude renoviert wird, wich die bayerische Regierungspartei dieses Jahr nach Kloster Seeon aus. Mönchische Zurückhaltung muss sie deshalb nicht üben, mit der Säkularisation 1803 hatten die letzten Brüder das Kloster verlassen. Bei der Anfahrt zu dem Bildungszentrum im Landkreis Traunstein sind an manchen Bäumen Botschaften an die christsozialen Parlamentarier angebracht: »CSU beschütz uns!!!« ist da zu lesen oder »Horst zieh es durch«. Beim Auftakt der Tagung forderte ein Häuflein Demonstranten gar den Rücktritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Und der Horst zog es durch. CSU-Chef Seehofer erneuerte in Seeon die Forderung seiner Partei nach einer Obergrenze für Flüchtlinge: »Wir meinen es ernst«, sagte Seehofer am Mittwoch vor Journalisten. Diese Obergrenze-Forderung der CSU spaltet seit mehr als einem Jahr die Unionsparteien, so lehnt die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin eine konkrete Zahl ab. Demgegenüber setzt Seehofer, der sich mit seiner Haltung als Vorsitzender einer christlich-sozialen Partei »völlig im Reinen« fühlt, abermals auf die Drohung, nach der Bundestagswahl mit seiner CSU sogar in die Opposition zu gehen, falls eine Obergrenze nicht im nächsten Koalitionsvertrag stehe. Und bekräftigte, dabei handle es sich nicht nur um eine leere Drohung. Zur geplanten gemeinsamen Präsidiumssitzung der beiden Unionsparteien sagte der CSU-Chef, diese sei weiter in der Schwebe und ergebe nur Sinn, wenn dabei Geschlossenheit gezeigt werden können.

Um Ausgleich im Unionsstreit bemühte sich hingegen Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Er appelliert an Angela Merkel und Horst Seehofer, ihren Streit über eine Obergrenze für Flüchtlinge beizulegen. »Die CDU spricht von einer Begrenzung der Zuwanderung und wir sagen Obergrenze, die sich an der Integrationsfähigkeit der Gesellschaft ausrichten muss, und nennen dazu die Zahl 200 000«, erklärte Müller. Das sei eine Richtgröße, an der man sich orientieren könne, eine Einigung dürfe nicht an einer Auseinandersetzung über Begrifflichkeiten scheitern. In einem Kompromisspapier aus der Union heißt es dazu, die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen dürfen, könne jedes Jahr neu festgelegt werden. Von einem »atmenden Deckel« sprach diesbezüglich der CSU-Bundestagsabgeordnete und innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Stephan Mayer. Maßgeblich sollen einerseits die jeweils aktuellen humanitären Krisenlagen weltweit sein, andererseits aber auch die Aufnahmefähigkeit Deutschlands.

Am Donnerstag standen bei der Klausurtagung dann Sicherheitsfragen im Vordergrund, die CSU hatte dazu drei Experten eingeladen: den EU-Sicherheitskommissar Sir Julian King, den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, sowie Frontex-Chef Fabrice Leggeri. Die zentralen Forderungen der CSU in Sachen Sicherheit: Die Einrichtungen von Transitzonen für Flüchtlinge, deren Identität nicht geklärt ist, schnellere Haftmöglichkeiten bei so genannten Gefährdern und eine engere Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten. Stephan Mayer bemängelte mit Blick auf den Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri Defizite bei der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Europa: »Wie unter dem Brennglas hat sich gezeigt, dass wir auch in der Gesetzgebung deutlichen Veränderungs- und Verschärfungsbedarf haben.« Entwicklungsminister Müller forderte bei der Klausur die rasche Umsetzung eines europäischen Ein- und Ausreiseregisters mit Fingerabdruck oder Augenidentifikation und begründete dies auch mit angeblich massenhaftem Sozialbetrug durch Flüchtlinge, es handele sich dabei um Tausende Fälle.

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, hatte zum Thema Sicherheitsfragen bereits bei Tagungsbeginn das offizielle Parteimantra wiederholt: »Wir brauchen zur Sicherheit unseres Landes auch eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen.« Die im Zusammenhang von Gefahrenabwehr und Flüchtlingspolitik von Bundesinnenminister Thomas de Maizière angeregte Zentralisierung der Verfassungsschutzämter lehnt Seehofer strikt ab.

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