Britisches Parlament darf über Brexit abstimmen

Urteil des Londoner Supreme Court / Stellungnahme von Brexit-Minister erwartet / Regionalparlamente von Schottland, Wales und Nordirland haben aber kein Mitspracherecht

  • Lesedauer: 3 Min.

In Großbritannien muss das Parlament über die Austrittserklärung aus der EU abstimmen. Das hat das höchste britische Gericht am Dienstag in London entschieden und ist damit der Regierung in die Quere gekommen. Die elf Richter des Supreme Courts bestätigten in dem Berufungsverfahren ein früheres Urteil. Die Richter entschieden mit einer Mehrheit von acht zu drei Stimmen.

Die Regionalparlamente von Schottland, Wales und Nordirland haben aber kein Mitspracherecht bei der Austrittserklärung Großbritanniens aus der EU. Das entschied das höchste britische Gericht am Dienstag. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon forderte London danach aucf, die Interessen Schottlands bei den Brexit-Verhandlungen zu berücksichtigen. »Obwohl das Gericht entschieden hat, dass die britische Regierung nicht rechtlich dazu verpflichtet ist, die Regionalverwaltungen zu befragen, gibt es eine klare politische Verpflichtung dazu«, sagte Sturgeon am Dienstag einer Mitteilung zufolge.

Sie kündigte an, die Abgeordneten in Edinburgh über die EU-Austrittserklärung abstimmen zu lassen. Gleichzeitig drohte sie erneut mit einem Referendum über die schottische Unabhängigkeit. Es werde immer klarer, dass Schottland seine Zukunft »in die eigene Hand nehmen muss«.

An dem geplanten Ausstieg aus der EU ist zwar nicht mehr zu rütteln. Die Regierung befürchtet aber zweierlei: Zum einen könnte das Mitspracherecht des Parlaments den ohnehin engen Zeitplan für die Verhandlungen mit der Europäischen Union durcheinanderbringen. Zum anderen wird befürchtet, dass die Abgeordneten den geplanten Brexit verwässern und eine stärkere EU-Nähe einfordern könnten. Die Parlamentarier gelten als überwiegend EU-freundlich.

May hatte vor einer Woche in einer lange erwarteten Grundsatzrede angekündigt, dass sie Großbritannien nicht nur aus der EU, sondern auch aus dem europäischen Binnenmarkt führen will. Schon zuvor war klar: Die Regierung will die Austrittserklärung bis Ende März nach Brüssel senden. Sie wollte das Parlament dazu aber nicht befragen.

Das Parlament hatte sich zwar Anfang Dezember mit großer Mehrheit zu dem Brexit-Zeitplan bekannt, doch der Beschluss ist nicht bindend. Medien hatten berichtet, die Regierung plane, nun ein möglichst knapp formuliertes Gesetz ins Parlament einzubringen.

Vor dem Supreme Court in der Nähe des Parlaments mit dem berühmten Big Ben versammelten sich bereits vor dem Urteil Zuschauer, von denen einige EU-Fahnen schwenkten.

Nach dem Gerichtsurteil zur Parlamentsbeteiligung beim EU-Austritt will die britische Regierung rasch die gesetzlichen Grundlagen schaffen. Brexit-Minister David Davis kündigte am Dienstag in London an, bereits »in den kommenden Tagen« dem Parlament einen entsprechenden Entwurf vorzulegen. Die Verabschiedung des Entwurfs werde es der Regierung ermöglichen, mit der gerichtlich eingeforderten Billigung des Parlaments die Verhandlungen zum EU-Austritt aufnehmen zu können.

An ihrem Brexit-Zeitplan hält die Regierung aber fest. Minister Davis betonte, dass das nun erforderliche Gesetzgebungsverfahren den Zeitplan nicht in Frage stelle. Die Verhandlungen mit der EU sollten »zügig« beginnen, kündigte er nach dem Urteil an. Agenturen/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal