Minijobber mit Anspruch auf betriebliche Altersversorgung

Arbeitsrechtsurteile im Überblick

  • Lesedauer: 4 Min.

Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) München am 8. November 2016 (Az. 10 Sa 544/15) im Rechtsstreit mit der Gewerkschaft ver.di.

Im konkreten Fall war die Klägerin seit dem 1. November 1991 bei einer Gewerkschaft angestellt. Als diese 2001 mit vier weiteren Gewerkschaften zur Gewerkschaft ver. di fusionierte, wurde mit der Klägerin vereinbart, dass diese ab März 2004 nur noch als geringfügig Beschäftigte arbeiten sollte.

In einer Gesamtbetriebsvereinbarung wurde zudem festgelegt, dass die Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung erhalten können. Geringfügig Beschäftigte waren davon jedoch ausgeschlossen. Die Klägerin beanspruchte dennoch, zur betrieblichen Altersversorgung angemeldet zu werden.

Das LAG gab der Arbeitnehmerin Recht und verwies auf die gesetzlichen Bestimmungen. Danach dürften teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, worunter auch geringfügig Beschäftigte fallen, nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, »es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen«. Die unterschiedliche vertragliche Arbeitszeit allein dürfe aber nicht die schlechtere Behandlung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer rechtfertigen.

Das Argument der Gewerkschaft, dass die Verwaltungskosten mit 40 Euro pro Jahr und Versicherten angesichts der geringen Höhe der betrieblichen Altersversorgung für Minijobber viel zu hoch seien, ließ das Gericht nicht gelten. epd/nd

Beamte besser dran als Arbeitnehmer

Beamte genießen in den Toiletten während der Arbeitszeit Unfallschutz, reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer jedoch nicht.

Ein Unfall einer Beamtin auf der Toilette des Dienstgebäudes gilt während der Arbeitszeit als Dienstunfall. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 17. November 2016 (Az. 2 C 17.16) entschieden.

Nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte steht hingegen lediglich der Weg zur Toilette, nicht aber der Aufenthalt in den Toilettenräumen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Im vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war eine Beamtin des Berliner Bezirksamts Friedrichhain-Kreuzberg in den Toilettenräumen ihres Dienstgebäudes während der Arbeitszeit gegen ein geöffnetes Fenster gestoßen. Die dabei erlittene Platzwunde und Prellungen wollte sie als Dienstunfall anerkannt haben.

Die Leipziger Richter gaben der Frau Recht. Zwar fiele bei Arbeitnehmern ein Unfall in den Toilettenräumen ihres Betriebes nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese Rechtsprechung sei auf Beamte aber nicht übertragbar, befanden die Richter.

»Danach steht der Beamte bei Unfällen, die sich innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereichs ereignen, unter dem Schutz der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge«, urteilte das Gericht. Das gelte insbesondere für den Dienstort. »Risiken sind dem Dienstherrn zuzurechnen, unabhängig davon, ob die konkrete Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, dienstlich geprägt ist.« epd/nd

Jobverträge auf sechs Jahre befristet

Tarifverträge dürfen wiederholte Befristungen von Arbeitsverträgen ohne konkreten Grund bis zu einer Gesamtdauer von sechs Jahren vorsehen. Entsprechende Kettenbefristungen sind bis zu neunmal möglich.

Das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt vom 26. Oktober 2016 (Az. 7 AZR 140/15) hervor. Über diese Höchstdauer und die Anzahl der Vertragsverlängerungen hinaus dürfen die Tarifvertragsparteien aus Verfassungs- und EU-Rechtsgründen keine weiteren Befristungen vereinbaren.

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist die Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund eigentlich nur für maximal zwei Jahre möglich. Der Arbeitgeber darf in dieser Zeit den befristeten Arbeitsvertrag höchstens dreimal ohne konkreten Grund verlängern. Allerdings legt das Gesetz auch fest, dass Tarifparteien davon abweichend eigene Regelungen treffen können.

Die Arbeitgebervereinigung Energiewirtschaftlicher Unternehmen hatte sich mit der IG Bergbau, Chemie, Energie tarifvertraglich darauf geeinigt, dass Arbeitsverträge bis zur Gesamtdauer von höchstens fünf Jahren und höchstens fünfmalig hintereinander verlängert werden können.

Der Kläger, kaufmännischer Mitarbeiter eines Unternehmens der Energiewirtschaft, hielt die Regelungen und damit die Befristung seines Arbeitsvertrages für unwirksam.

Vor dem BAG war er erfolglos. Das Gesetz sehe vor, dass Tarifvertragsparteien eigene Regelungen zur Befristung ohne sachlichen Grund treffen könnten. Eine Höchstdauer werde nicht genannt. Dennoch seien den Kettenbefristungen damit nicht schrankenlos Tür und Tor geöffnet, so das BAG mit Verweis auf das Grundgesetz und das EU-Recht.

Das Bundesarbeitsgericht begrenzte letztlich selbst die Grenze für in Tarifverträgen vereinbarte Befristungen ohne sachlichen Grund. Danach dürfen die Tarifvertragsparteien in Tarifverträgen die gesetzlichen Grenzen für Befristungen um nicht mehr als das Dreifache überschreiten. epd/nd

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