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Verkleidet als Perser

Burtons Pilgerreise nach Mekka und Medina

  • Ulrich van der Heyden
  • Lesedauer: 3 Min.
Bereits zwei Sachbücher über den englischen Orientreisenden Sir Richard Francis Burton hat Uwe Pfullmann herausgegeben. Burton (1821-1890), Entdeckungsreisender und Orientalist, Linguist und Abenteurer zugleich, war Mitbegründer der Anthropologischen Gesellschaft in London. Als Pilger verkleidet, war er nach Mekka und Medina gereist und hatte gemeinsam mit J. H. Speke nach den Quellen des Nils gesucht - und den Tanganjikasee entdeckt. Burton sprach 29 Sprachen, beherrschte zwölf Dialekte, schrieb und übersetzte eine Vielzahl von Bücher. Am bekanntesten wurde wohl seine Übersetzung der Erzähl- und Märchensammlung von Tausendundeiner Nacht ins Englische. Für seine orientalischen Forschungen war ohne Zweifel der Besuch der heiligen Stätten des Islam in Mekka und Medina am bedeutendsten. Er war allerdings dort nicht der erste »Ungläuige«, vor ihm weilte an diesen Orten bereits der Schweizer Historiker J. L. Burckhardt. Bevor sich Burton zu den Pilgerstätten der Muslime aufmachte, hatte er sich gründlich vorbereitet. Im April 1853 verließ er England, verkleidet als vermögender Perser. Burton war akribisch darum bemüht, sich an die orientalischen Sitten anzupassen. Derart war es ihm in Kairo möglich, erfolgreich als Arzt zu praktizieren. Seine Sprachkenntnisse erlaubten es ihm, an Disputen der theologischen Fakultät der Al-Ahzar-Universität teilzunehmen, die ihm Sicherheit im Hinblick auf die orthodoxen Regeln in Mekka und Medina vermittelten. Am 25. Juli 1853 erreichte die Karawane, mit der er reiste, Medina. Burton blieb mehr als einen Monat, erkundete und beschrieb ausführlich die Stadt und alle religiösen Riten. Außer seiner Verkleidungskunst war es vor allem seinem Reisegenossen und Freund Mohammed Al-Basyuni zu verdanken, dass der Engländer das Innere zahlreicher Heiligtümer sehen und alle Riten des Hadsch vollziehen konnte. Zu Recht urteilt Pfullmann über »seinen« Helden: »Von allen Forschungsreisenden war keiner aktiver oder produktiver in seinem Leben als Richard Francis Burton.« Die Bibliographie von dessen Arbeiten umfasst mehr als 300 Seiten, darunter 60 Monographien. Pfullmann hat der Neuherausgabe des Burton-Reiseberichts einen biografischen Abriss beigefügt, der trotz aller Kürze deutlich werden lässt, dass es sich bei Burton um eine faszinierende Persönlichkeit handelt, deren immenser wissenschaftlicher Nachlass noch so manchen Herausgeber reizen dürfte. Nun liegt immerhin der wohl bekannteste Bericht Burtons, der in England mehrere Auflagen erlebte, auch in deutscher Sprache in ausführlicherer Form vor; bislang waren von diesem nur Ausschnitte veröffentlicht worden. Wie in der editorischen Notiz mitgeteilt, ist aber auch diese Ausgabe eine gekürzte Fassung aus zwei Büchern. Für die gestraffte Version waren vor allem »kaufmännische Gesichtspunkte« entscheidend. Zum Trost für alle wissenschaftlich interessierten Leser: Pfullmann nennt wenigstens die Kapitel aus dem Originalwerk, die keine Aufnahme in diesem Band fanden. Sir Richard Francis Burton: Persönlicher Bericht einer Pilgerreise nach Mekka und Medina 1853. Hrsg. und aus dem Englischen übersetzt von Uwe Pfullmann. Edition Erdmann, Lenningen. 349 S., geb., 24 EUR.

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