Minister mit Motorsäge

Teilerfolg für Umweltschützer in Niedersachsen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.
Von ministerieller Etikette hält Hans-Heinrich Sander (FDP) nichts. Vor dem als Atomendlager vorgesehenen Schacht Konrad posierte der niedersächsische Umweltminister mit einem Pro-Kernkraft-T-Shirt und bei der Abholzung von wertvollen Auenwäldern an der Elbe legte Sander im November 2006 selbst Hand an, vermeintlich, um einen sicheren Abfluss von Hochwasser zu gewährleisten, so seine Überzeugung. Der Auftritt des »Ministers mit Motorsäge« erfolgte, nachdem eine Aufforderung der ihm unterstellten Wasserbehörde im Landkreis Lü-chow-Dannenberg an rund 300 Eigentümer, elbnahe Grundstücke von Auengehölz zu befreien, ohne Resonanz geblieben war. Mehr als einen Baum schaffte Sander nicht, aber er setzte ein Signal für seine Untergebenen. Es folgte eine Abholzung von Weiden, Pappeln und Buschwerk im Deichvorland auf 25 Kilometer Flusslänge. Umweltschützer laufen seitdem dagegen Sturm. Der Lebensraum der Biber werde zerstört, klagt der Naturschutzbund (NABU). Weichholzauen dürften auch von Umweltministern nur nach einer Verträglichkeitsprüfung abgesägt werden. Die sei nicht erfolgt. Und das Freiräumen von Überschwemmungsgebieten sei ohnehin »grundsätzlich der falsche Weg«. »Dass ein für den Naturschutz zuständiger Minister zur Kettensäge greift, um gegen Recht und Gesetz die Natur zu zerstören, ist ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik«, erklärte die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Das Gesetz über das Biosphärenreservat »Niedersächsische Elbtalaue« verbiete in der Kernzone ausdrücklich alle Handlungen, die auch nur einzelne Bestandteile zerstörten. Die DUH beschwerte sich in Brüssel wegen Verstößen gegen die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH). Mitte der Woche vermeldete die DUH einen Teilerfolg. Mit Verfügung, Kahlschlagaktionen auf Einklang mit der FFH-Richtlinie zu überprüfen, habe die Landesregierung die »Kettensägen-Aktion« gestoppt. Stimmt nicht, erklärte dazu das Umweltministerium. Die Anweisung sei vorher ergangen. Die Verwaltung des Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue hat sich inzwischen in begründeten Fällen für Abholzungen zum Hochwasserschutz ausgesprochen. »Der Schutz der Menschen hinter den Deichen hat selbstverständlich höchste Priorität«, so dessen Leiter Johannes Prüter. Dennoch müsse immer sorgfältig zwischen den Belangen des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes abgewogen werden. Künftig soll ein Auenmanagement helfen, den Erhalt landwirtschaftlicher Grünflächen, Belange des Naturschutzes und Erfordernisse des Hochwasserschutzes miteinander zu verbinden. Dazu gehört auch eine Herde von 200 Schafen und Ziegen, die bestimmte Uferpartien kurzfressen sollen.

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