Prozess nach Räumung aus Hausprojekt

Bewohnerin der »Linie 206« wehrt sich juristisch gegen Rauswurf aus ihrer angemieteten Wohnung

  • Tim Zülch
  • Lesedauer: 3 Min.

Thermobehälter mit heißem Tee und Kaffee hatten die Bewohnerinnen und Bewohner der »Linie 206« auf zwei Tischen vor dem Eingang des Amtsgerichts in Mitte bereitgestellt. Mit Transparenten und Musik begleiteten sie den Prozesstermin um eine geräumte Wohnung in dem Hausprojekt, das 1990 besetzt wurde und bald danach durch die Wohnungsgesellschaft Mitte (WBM) Mietverträge bekam. Letztes Jahr konnten die Besitzer des Hauses, Frank Wadler und Bernd-Ullrich Lippert, die das Haus 2010 erworben hatten, einen Räumungstitel gegen eine Wohnung im Erdgeschoss erwirken, der am 10. Mai vergangenen Jahres durchgesetzt wurde. Allerdings traf der Gerichtsvollzieher damals nicht den Mietvertragsinhaber, sondern eine andere Person in der Wohnung an und setzte diese auf die Straße. Seitdem steht die Wohnung leer.

Die geräumte Klägerin Theresa D. und Hausanwalt Moritz Heusinger argumentierten nun vor Gericht, dass D. Mieterin der Wohnung und in Besitz der Mietsache gewesen sei. Außerdem sei die Räumung rechtswidrig gewesen, da es keinen auf ihren Namen lautenden Räumungstitel gegeben habe. Bereits seit 2014 habe Theresa D. die Miete unter ihrem Namen auf das Vermieterkonto überwiesen. Dadurch, dass der Vermieter die Zahlung akzeptiert habe, sei mittlerweile ein Mietvertrag zustande gekommen.

Dieser Argumentation freilich schloss sich die Gegenseite nicht an. Anwalt Jörg Schmidt argumentierte, dass seine Mandantschaft davon ausgegangen sei, dass es sich bei D. um eine Untermieterin handele und verwies auf einen Brief des Hausvereins, in dem von einer Untermieterin für die Wohnung die Rede gewesen sei.

Da Eigentümer Lippert auf Nachfrage eine gütliche Einigung ausschloss, wird das Gericht nun ein Urteil am 17. März verkünden. Zu dem Verfahren wollte Lippert gegenüber dem »neuen deutschland« kein Statement abgeben.

Der Anwalt der Bewohner, Moritz Heusinger, schaut nach dem Prozesstermin etwas skeptisch drein, doch er betont, dass noch alles offen sei. Bereits 2012 habe man in einem ähnlich gelagerten Fall recht bekommen und die Wohnung musste der damaligen Bewohnerin wieder herausgegeben werden. »In dem Fall, dass das Urteil negativ ausfällt, werden wir Berufung einlegen.« Heusinger beklagt, dass die Eigentümer sich jeglichen Gesprächen verweigern. Auch würden dringend notwendige Reparaturmaßnahmen am Haus nicht durchgeführt. So gebe es nur einen provisorischen Trinkwasseranschluss, außerdem müsse dringend etwas an Dach und Fassade getan werden. »Vielleicht warten die Besitzer auch nur, bis die zehnjährige Spekulationsfrist in etwa drei Jahren abläuft, und planen, das Haus dann zu verkaufen.« In diesem Fall würden auf den erzielten Gewinn keinerlei Steuer anfallen.

»Letztes Jahr haben wir die Eigentümer mit Unterstützung von Bezirkspolitikern zu einem Runden Tisch im Rathaus eingeladen. Nur die sind nicht gekommen«, erzählt ein langjähriger Bewohner des Hauses, der sich Manni nennt. »Wir haben daraufhin eine Aktion vor deren Büros gemacht.« Ziel der Bewohner ist, das Haus irgendwann selbst kaufen zu können. 2008, als das Haus noch anderen Eigentümern gehörte, sei man bereits kurz davor gewesen und habe schon die Unterstützung des Mietshäusersyndikats gehabt. Allerdings sei der Verkauf kurzfristig geplatzt und das Haus, in dem momentan rund 15 Personen gemeinschaftlich wohnen, an die jetzigen Besitzer verkauft worden.

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