Berlin soll sich Olympische Spiele sparen

Bündnis NOlympia übergibt Antrag auf Kostenschätzung an die Senatsinnenverwaltung

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Für Olympische Spiele in Berlin wird es eng: Gegner am Montag vor der Senatsinnenverwaltung
Für Olympische Spiele in Berlin wird es eng: Gegner am Montag vor der Senatsinnenverwaltung

Gabriele Hiller, die bis 2016 der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus angehörte, verspätet sich etwas. Die 66-Jährige sitzt in einer S-Bahn aus Mahlsdorf, die wegen einer Weichenstörung kaum vom Fleck kommt. Dann ist Hiller endlich an der Klosterstraße in Mitte und kann vor dem Gebäude der Senatsinnenverwaltung die Papiere unterschreiben. Die vier anderen Vertrauenspersonen des geplanten Volksbegehrens »Für Berlin – gegen Olympia« haben den Antrag bereits unterschrieben oder tun es jetzt auch noch. Dann sollte der Antrag auf eine amtliche Kostenschätzung ursprünglich in den Hausbriefkasten der Senatsverwaltung eingeworfen werden. Das wird dann aber doch nicht gemacht. Eine Frau vom Sicherheitsdienst kommt heraus und nimmt den großen Umschlag in Empfang.

Das Bündnis NOlympia will, dass Berlin seine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2036, 2040 und 2044 zurückzieht. Bei einem Volksbegehren muss zunächst abgeschätzt werden, welche Kosten entstehen könnten, wenn das Anliegen umgesetzt wird. Das Bündnis NOlympia spricht in diesem Zusammenhang von »mindestens minus acht Millionen Euro«. Denn diese Summe würde sich das Land Berlin für seine Bewerbung sparen, für die Spiele selbst mehrere Milliarden. Das Vorhaben zu stoppen, wäre demnach ein Beitrag »für eine finanziell stabilere Stadt«, wie die Abgeordnete Klara Schedlich (Grüne) sagt.

Ab Anfang 2026 sollen die Unterschriften gesammelt werden. Mindestens 20 000 gültige sind in der ersten Stufe des Volksbegehrens erforderlich. »Wir werden dem Landessportbund zeigen, wie man schnell 20 000 Unterschriften sammelt«, sagt Uwe Hiksch von den Naturfreunden. Wie Gabriele Hiller, die Abgeordnete Schedlich, Carmen Schultze vom Bund für Umwelt und Naturschutz und der Sportwissenschaftler Johannes Verch gehört Hiksch zu den Vertrauenspersonen des Volksbegehrens.

Der Landessportbund (LSB) brauchte vier Monate, um 20 000 Unterschriften für Olympische Spiele in Berlin zu sammeln, wenn es ihm denn überhaupt gelungen ist. Mit jedem, der unterzeichnen sollte, sei über das Für und Wider diskutiert worden, hatte LSB-Präsident Thomas Härtel Ende November geschildert. Das habe immer seine Zeit gedauert. Man sei aber auf der Zielgeraden und werde bis Weihnachten 20 000 Unterschriften beisammen haben, hatte Härtel gesagt. Es gehen zurzeit noch Listen bei den Sportvereinen herum und die bereits erhaltenen Unterschriften seien noch nicht gezählt worden, sagt LSB-Pressesprecher Gerd Graus am Montag auf Nachfrage. Man sei aber »optimistisch«, die notwendigen Unterschriften zu haben.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und seine Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wollen, dass Berlin nach 1936 wieder Olympische Spiele ausrichtet. Am Donnerstag traf sich ein eigens gebildetes Kuratorium zu seiner ersten Sitzung und Wegner erklärte: »Unser gemeinsames Ziel ist es, die Begeistung für Olympische und Paralympische Spiele zu entfachen.«

Die Begeisterung hält sich derzeit in Grenzen. 67 Prozent der Einwohner sind laut einer Meinungsumfrage dagegen, dass Berlin die Spiele ausrichtet. Ein Volksentscheid könnte dies 2027 unter Beweis stellen, wenn der Senat nicht vorher von selbst einlenkt.

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