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Protest gegen korrupte Politiker

Frankreich: Rechter Präsidentschaftskandidat Fillon will nicht zurücktreten

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ging nicht nur um François Fillon und Marine Le Pen und ihre konkreten Fälle fiktiver Beschäftigung von Mitarbeitern auf Kosten der Steuerzahler. Die Demonstranten protestierten am Sonntag gegen die »Selbstbedienungsmentalität« vieler Politiker. »Deren Bereicherung ist besonders skrupellos angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Franzosen«, so Vincent Galtier in einer Ansprache. Er hatte »als einfacher Bürger« per Internet zu der Demonstration auf dem Pariser Platz der Republik aufgerufen.

Mehrere Organisationen und die Bewegung »Nuit debout« haben sich angeschlossen und so mehr als 1000 Pariser mobilisiert. »Die Menschen der verschiedensten Horizonte, die hier zusammengekommen sind, empfinden vor allem die Affäre Fillon als unerträglich, aber das betrifft leider weite Kreise der politischen Klasse, die die öffentlichen mit ihren privaten Interessen verwechseln«, rief Galtier aus. »Doch dafür haben wir sie nicht gewählt!« Andere Redner verwiesen auf die in den vergangenen Monaten und Jahren aufgedeckten Fälle von Steuerflucht etwa durch den sozialistischen Budgetstaatssekretär Jérôme Cahuzac. Die Demonstranten forderten strengere Gesetze und Regeln, um Amtsmissbrauch durch Politiker definitiv einen Riegel vorzuschieben.

Unterdessen versuchen François Fillon und Marine Le Pen, ihre Politskandale »auszusitzen«. Meinungsumfragen haben ergeben, dass zwar die Zahl der potenziellen Fillon-Wähler unter dem Eindruck der Enthüllungen von 25 auf 18 Prozent zurückgegangen ist, dass dieser »Sockel« aber stabil zu sein scheint. Die Franzosen, die Marine Le Pen wählen wollen, sind sowieso immun gegen moralische Argumente, so dass sich ihre Wahlaussichten nicht verringert haben. Sie liegt mit 26 Prozent nach wie vor an der Spitze der Umfragen.

Der Präsidentschaftskandidatin der Front National wird vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) vorgeworfen, dass sie mit fingierten Arbeitsverträgen ihren Leibwächter und ihre in Paris tätige Sekretärin durch das Europaparlament als »Parlamentarische Assistenten« bezahlen ließ. Das Europaparlament fordert die Rückzahlung von 298 000 Euro, was Marine Le Pen aber verweigert. Als Folge werden ihr ab März die Parlamentarierbezüge gekürzt.

Bei François Fillon summieren sich die über viele Jahre kassierten Gehälter seiner Frau und seiner Kinder als angebliche Assistenten im Senat beziehungsweise in der Nationalversammlung auf brutto rund eine Million Euro. Fillon beruft sich darauf, dass die Beschäftigung von Familienangehörigen in all diesen Jahren zulässig war, räumt aber ein, dass viele Franzosen das aus heutiger Sicht als moralisch verwerflich werten. Darum hat er sich für diesen »Fehler« öffentlich entschuldigt. Der Finanzstaatsanwaltschaft ist er bislang aber den Nachweis schuldig geblieben, dass seine Familienangehörigen wirklich für ihn gearbeitet haben und es sich nicht um fiktive Arbeitsverhältnisse handelte.

Die Finanzstaatsanwaltschaft hat in der vergangen Woche erklärt, dass sie das Verfahren keinesfalls einstellen werde. Für den Fall, dass ein offizielles Untersuchungsverfahren eingeleitet wird, so hatte Fillon bis vor kurzen versichert, werde er umgehend als Kandidat zurücktreten. Doch da für diese Option bei den Republikanern kein Ersatzmann bereitsteht, hat sich Fillon inzwischen revidiert und erklärt, über sein Schicksal hätten »allein die Wähler zu entscheiden«.

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