Republikaner nehmen Obamacare ins Visier

Noch im März soll der Gegenreformvorschlag kommen, doch die Details bleiben unklar

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Republikanische Partei ist gespalten. Meldungen aus beiden Häusern des Kongresses wie durchgesickerte Informationen über Chaos-Diskussionen im Weißen Haus machen das deutlich. Dennoch wollen die Rechtskonservativen mit dem neuen Präsidenten Donald Trump an der Spitze ein Wahlversprechen umsetzen: Die von dessen Vorgänger Barack Obama eingeführte und nach ihm benannte Gesundheitsreform Obamacare von 2010 soll gekippt werden.

Dies machte Trump bei seiner Rede am Dienstagabend vor dem Kongress erneut deutlich: »Ich rufe alle Demokraten und Republikaner im Kongress auf, die Amerikaner vor dem implodierenden Desaster von Obamacare zu beschützen«, sagte der Präsident - und erntete damit besonders starken Applaus. Für eine bessere Gesundheitsvorsorge müssten der Zugang ausgeweitet, die Wahlmöglichkeiten vergrößert und die Kosten gesenkt werden.

Obamacare wurde 2009 vom damaligen Präsidenten initiiert und ist seit 2010 in Kraft. Die Reform hatte eine zwangsweise öffentliche Krankenversicherung für jedermann wie in Europa als Vorbild, es blieb jedoch bei der Verpflichtung, sich bei einer privaten Krankenkasse zu versichern. Die Versicherungen wurden gezwungen, jeden Antragsteller zu akzeptieren, der seine Beiträge bezahlt. Arme Familien erhalten staatliche Zuschüsse. Die für Rentner sowie Arme und Behinderte eingerichteten Fürsorgesysteme Medicare und Medicaid wurden ausgeweitet und durch gezielte höhere Reichenbesteuerung finanziert.

Nichts schweißte die Republikaner in der Oppositionszeit mehr zusammen als die Forderung nach Abschaffung der als »sozialistisch« gegeißelten Obamacare-Reform. Noch im März soll nun der Gegenreformvorschlag kommen, wie Trump erneut ankündigte. Doch was genau an die Stelle von Obamacare treten soll, ist unklar. Die Republikaner mit ihrer Mehrheit im Abgeordnetenhaus wie im Senat könnten die Gesundheitsreform leicht außer Kraft setzen. Die Finanzierung reicht aber ins Steuersystem hinein, was die Sache so kompliziert macht. Zumal es eindeutige Erfolge gibt: So sind die Gesundheitskosten seither in den USA weniger stark gewachsen als in früheren Jahren. Die Republikaner leugnen dies und sagen den Zusammenbruch von Obamacare voraus, da Mitte des Jahres steigende Beitragssätze zu erwarten seien.

Ein weiterer Erfolg von Obamacare ist, dass sehr viele US-Amerikaner erstmals überhaupt eine Krankenversicherung abgeschlossen haben. Man schätzt ihre Zahl auf 20 bis 30 Millionen. Sie könnten möglicherweise wieder ohne Schutz dastehen.

Und so sehen sich die republikanischen Abgeordneten und Senatoren durchaus unter Druck. Es gibt bereits warnende Stimmen: So sagte der in der Partei hoch geachtete Gouverneur von Ohio, John Kasich, es gebe zwar sehr konservative Republikaner im Abgeordnetenhaus, die meinten: »nur weg damit«. Aber das sei »nicht akzeptabel, wenn man wie in meinem Staat 700 000 Betroffene hat. Wo sollen denn die psychisch Kranken hingehen? Und wo sollen die Drogenabhängigen hingehen?«, fragt Kasich, der in den Vorwahlen der Republikaner einer der Gegenspieler von Donald Trump war.

Auch die jüngste Umfrage der Kaiser Family Foundation ergab, dass 48 Prozent der US-Amerikaner für Obamacare sind und nur 42 Prozent die Abschaffung wollen. Daher fühlen sich manche Republikaner dazu genötigt, präventiv schon mal die Reihen zu schließen: »Stellen Sie sich vor, Sie haben Wahlkampf für die Abschaffung von Obamacare gemacht und nun legt man Ihnen einen Gesetzentwurf vor. Wollen Sie der republikanische Senator sein, der das Rücknahmegesetz verhindert, obwohl der Präsident bereit ist, es zu unterzeichnen?«, sagte Doug Badger, Gesundheitspolitiker im Kongress.

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