Mehr als Umverteilen
Simon Poelchau über den Anteil der Wohnkosten an den Konsumausgaben und die dadurch entstehende Spaltung der Gesellschaft
Seit Martin Schulz als SPD-Kandidat im Rennen um das Kanzleramt ist, wird wieder viel über die soziale Frage geredet. Doch diese bemisst sich nicht allein daran, wie weit die Agenda 2010 zurück gedreht wird oder wieder etwas von Oben nach Unten zurückverteilt wird.
So sind die Wohnkosten der größte Ausgabenposten, den die privaten Haushalte hierzulande bewerkstelligen müssen. Im Schnitt 859 Euro – 36 Prozent ihres Budgets gaben sie 2015 für die eigenen vier Wände aus, wie das Statistische Bundesamt bekanntgab. Und nicht nur das: Hinter dieser Statistik steckt, wie so oft, wenn es um das liebe Geld geht, eine Klassenfrage: Die Ärmsten müssen fast die Hälfte ihres Budgets fürs Wohnen reservieren, die Reichsten kommen mit nicht mal einem Drittel aus. Hinzu kommt: Am einen Ende der Gesellschaft sind die eigenen vier Wände ein unsaniertes Kabuff in der Mietskaserne, am anderen Ende ist es eine abbezahlte Villa mit Hobbykeller. Vielleicht knöpft der Villenbewohner auch dem Kabuffbewohner noch als Eigentümer der Mietskaserne die überteuerte Miete ab und heizt zudem den Wohnungsmarkt in der Hoffnung auf weiter steigende Mieten mit spekulativem Leerstand ordentlich an.
Wer also verhindern will, dass die Gesellschaft sich weiter spaltet, der darf nicht nur umverteilen, der muss auch die Wohnungsfrage stellen.
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