Macron: Verzweifelt und kriegsbereit

Ruta Dreyer über Macrons Versuch, einen Pakt mit der Jugend zu schließen

  • Ruta Dreyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Frankreichs Regierung steckt seit längerem in einer tiefen Krise.
Frankreichs Regierung steckt seit längerem in einer tiefen Krise.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat einen neuen Wehrdienst für sein Land beschlossen, der im nächsten Sommer starten soll. In seiner Ankündigungsrede spricht Macron auffällig häufig von »unserer Nation«. Der Dienst solle dessen »Widerstandskraft« erhöhen und die Ausbildung »unserer jungen Leute« festigen.

Wenn man diese Worte hört, könnte man fast glauben, es gäbe ein »Wir« in Frankreich. Macrons Ansprache an die Nation ist ein verzweifelter Versuch, Einheit herzustellen. Als gäbe es keine Hunderttausenden, die gegen das zentrale Projekt Macrons – die Rentenreform – 2023 auf die Straße gegangen sind und streikten, sodass sich der Müll in Paris wochenlang türmte. Als gäbe es keine Wut der französischen Jugend, die erst diesen September unter dem Motto »Bloquons tout« – »Lasst uns alles blockieren« – aufgrund der angekündigten Sparpläne rebellierte und Barrikaden anzündete. Als hätte Macron den Regierungschef in weniger als zwei Jahren nicht zum fünften Mal neu ernennen müssen.

Durch einen neuen Wehrdienst will Macron die Armee zwar materiell stärken – aber die Jugend auch disziplinieren. Es ist die ideologische Komponente einer gesellschaftlichen Militarisierung. Mit einer Jugend, die ständig Schulen und Universitäten blockiert, lässt sich doch wirklich keine Wirtschaftskrise überwinden und die Festung Europa ausbauen.

Die französische Regierung folgt der deutschen, indem sie einen neuen Wehrdienst ankündigt. Die beiden Staaten galoppieren auf der Rüstungsrennbahn gemeinsam voran. Auf ihrem Weg hinterlassen sie Kerben in der sozialen Absicherung. Bei den überdimensionalen Militärausgaben ist Deutschland noch einen Sprung voraus. Während Frankreich diese im kommenden Jahr auf etwas mehr als 57 Milliarden Euro steigern will, sollen es in Deutschland 108 Milliarden sein.

Alles in allem lässt sich sagen: Die Militarisierung Europas ist in vollem Gange. Es lässt sich nur hoffen, dass die Wut der französischen Jugend erneut aufflammt – und ein paar der Funken dieses Mal auf die Jugend in Deutschland überspringen.

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