Die Rentenspiele sind eröffnet

Sarah Yolanda Koss über die Parallelen von Game of Thrones und sozialpolitischen Streitereien

Eine Szene aus der Serie »Game of Thrones«. Der Winter naht, auch im Rentenstreit.
Eine Szene aus der Serie »Game of Thrones«. Der Winter naht, auch im Rentenstreit.

Jetzt ist er passiert, der Showdown im Rentenstreit. Das Ergebnis ist ungefähr so unspektakulär wie seinerzeit das lang herbeigesehnte Ende von Game of Thrones. Alles bleibt beim alten, mit vagen Zugeständnissen an die Junge Union in Form eines kurzen Begleitpapiers, das das Kabinett einer künftigen Rentenkommission mit auf den Weg gibt. Die Junge Union hat offenbar doch nicht so viel zu melden wie gedacht – trotz mehrheitsrelevanter Stimmmacht.

In der vergangenen Woche diskutierte das Land einmal mehr über Generationengerechtigkeit und die Finanzierbarkeit eines scheinbar bankrotten Systems. Nach einem Blick in das Begleitpapier lässt sich die Debatte aber auch von einer anderen Seite anpacken. Dort findet sich der Auftrag: »besonders zu betrachten sind die Wirkungen auf Frauen (…) sowie Menschen mit niedrigem Einkommen«. Wobei die beiden Gruppen, überspitzt gesagt, auch synonym verwendet werden könnten. Unabhängig der Statistik gehören ältere Frauen immer zu jenen Bevölkerungsgruppen mit den niedrigsten Einkommen und der höchsten Armutsgefährdung.

Erst am Donnerstag veröffentlichte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihren jährlichen Rentenbericht. Dieses Jahr mit einem Fokus auf die Rentenarmutslücke zwischen den Geschlechtern. Diese befindet sich in Deutschland weit über dem OECD-Durchschnitt: bei 26 Prozent. Noch absurder: In den Berechnungen der OECD ist die Hinterbliebenenrente, die hauptsächlich Frauen nach dem Tod ihrer Ehemänner oder Lebenspartner erhalten, bereits einkalkuliert. Durch diesen Ausgleichsmechanismus sinkt die Lücke um etwa die Hälfte!

Die riesigen Rentenunterschiede sind darin begründet, dass es in Deutschland immer noch eine bedenklich große Gehaltslücke gibt, Frauen durchschnittlich vier Jahre weniger arbeiten und das zu einem hohen Teilzeitanteil – weil viele unbezahlte Aufgaben immer noch in ihrer Hand liegen. Stichwort »modernes Ernährermodell«. Das bedeutet, egal ob auf dem Arbeitsmarkt oder durch ein hohes Leistungsniveau in der gesetzlichen Altersvorsorge: Frauen profitieren immer von Reformen, die niedrige Renten anheben.

Mit diesem Gerechtigkeitsverständnis also noch einmal ein Blick auf das Begleitpapier zum Rentenpaket: Zehn Milliarden für die private Altersvorsorge – schlecht, denn so können ohnehin nur Besserverdienende vorsorgen. Prüfung eines höheren Renteneintrittsalters – schlecht, ohne Eingriffe in den Arbeitsmarkt können sich meist nur Männer leisten, länger zu arbeiten. Ein sogenannter »Nachholfaktor« der wie ein Bremsklotz ab 2031 das Steigen der Renten verhindern soll – schlecht, eine Erklärung erübrigt sich.

Die Einbeziehung weiterer Gruppen und Einkunftsarten in die gesetzliche Rentenversicherung – gut, weil das Finanzierung und Umverteilung stärkt. Nun, mit der Rentenkommission gehen die Verhandlungen 2026 in die nächste Runde. Nächste Staffel, der Winter naht.

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