Schwere Pleite für Trump

US-Präsident scheitert mit dem Versuch, die von Obama eingeführte Krankenversicherung zu kippen

  • Lesedauer: 3 Min.

Washington. Präsident Donald Trump ist mit seiner Gesundheitsreform im Parlament gescheitert. Diese Niederlage könne eine Abwärtsspirale für Trump und seine Republikaner auslösen, schrieben US-Medien am Samstag. Die Auslöschung von »Obamacare«, der Gesundheitsreform seines Amtsvorgängers Barack Obama, war ein Prestigeprojekt Trumps und der gesamten Republikanischen Partei.

Die Republikaner hatten die von Trump maßgeblich gestützte Gesetzesvorlage am Freitag kurz vor der Abstimmung im Repräsentantenhaus zurückgezogen, weil keine Mehrheit absehbar war. Damit nahm der Vorschlag nicht einmal die erste wichtige parlamentarische Hürde.

Das Scheitern habe gezeigt, dass der Geschäftsmann Trump weit von dem von ihm versprochenen »tollen Deal« entfernt war, schieb das Magazin »Politico«. Trump stehe nach seiner ersten Konfrontation im Kongress »besiegt, ausgebremst und mit leeren Händen« da. Der »Dealmaker Trump« sei völlig ineffizient gewesen, schrieb auch die »New York Times« in einem Kommentar.

Der Fehlschlag sei selbst verursacht, urteilte »USA Today.« Die Frage sei nun, ob die Republikaner sich davon erholten - allerdings stünden die Zeichen dafür schlecht, denn eine solche Niederlage führe in der Politik meist zu mehr Dissens und Misstrauen. Nach dem Scheitern seiner Reformpläne will Trump die Steuerpolitik als nächstes großes politisches Projekt angehen.

Ein neuer Anlauf der Republikaner bei der Gesundheitsreform scheint unwahrscheinlich. »Wir müssen auf absehbare Zukunft mit «Obamacare» leben«, sagte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, am Freitag. Trump lud die oppositionellen Demokraten zur Mitarbeit ein. »Ein parteiübergreifendes Gesetz wäre ein großer Fortschritt«, sagte er im Weißen Haus. Dabei könnte es sich dann um die Modifizierung des seit sieben Jahren bestehenden »Affordable Care Act« handeln, das nach seinem Schöpfer als »Obamacare« bezeichnet wird.

In einem Gespräch mit der »Washington Post« beklagte Trump, dass die Demokraten nicht bereit waren, für seinen Vorschlag zu stimmen, und machte sie für das Scheitern verantwortlich - obwohl seine eigene Partei eigentlich über eine komfortable Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügt.

Viele Abgeordnete aus dem konservativen Lager, aber auch moderate Republikaner wollten nicht mit ihrem Präsidenten stimmen. Der Gesetzesentwurf wurde von gemäßigten Republikanern als zu drastisch und vom rechten Flügel als zu wenig weitgehend abgelehnt. Die Oppositionschefin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, bezeichnete den Freitag dagegen als »großen Tag für das amerikanische Volk.« Aus Sicht der Opposition hätte die Abschaffung von »Obamacare« zu mehr sozialer Ungerechtigkeit geführt.

Vorausgegangen war ein tagelanger Polit-Krimi, bei dem Trump in vielen persönlichen Gesprächen versucht hatte, parteiinterne Kritiker umzustimmen. Nach Angaben seines Sprechers Sean Spicer hatte er bis spät am Abend 120 Einzelgespräche mit Parlamentariern geführt.

Die Abstimmung hatte als erste große Bewährungsprobe für die Frage gegolten, ob Trump in der Lage sei, schwierige politische Projekte im Parlament durchzusetzen - er scheiterte spektakulär. Während der ersten beiden Monate seiner Regierungszeit hatte er vor allem Dekrete erlassen, die keine parlamentarische Debatte erfordern. Dabei war er allerdings in der Frage der Beschränkung der Einreisen aus muslimischen Ländern von Richtern ausgebremst worden.

Der Entwurf sah im Kontrast zur bisherigen »Obamacare« vor allem den Verzicht auf eine allgemeine Versicherungspflicht und tendenziell weniger Geld für die Bundesstaaten bei der Bezahlung von »Medicaid« vor, einer Art Grundsicherung für Bedürftige. Direkte Zuwendungen des Staates sollten durch indirekte Steuererleichterungen ersetzt werden. Experten errechneten, innerhalb von zehn Jahren könnten 24 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren. dpa/nd

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