Eines Rechtsstaates unwürdig
Stefan Otto über die Kriterien der Bundesregierung für Abschiebungen nach Afghanistan
Die Hardliner in der deutschen Flüchtlingspolitik haben sich wieder durchgesetzt. Zum nunmehr vierten Mal hob ein Abschiebeflieger nach Afghanistan ab. Die 15 Passagiere wurden keineswegs nur in befriedete Provinzen zurückgeschickt. Darauf wiesen Mitarbeiter des Kabuler Flüchtlingsministeriums hin.
Ungeachtet dessen verteidigte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann das in Deutschland praktizierte Asylsystem, das auf einer strikten Selektion beruht. Demnach gibt es Geflüchtete, die bleiben dürfen, und jene, die gehen sollen. Zwei Seiten einer Medaille, nennt dies der Bundesinnenminister Thomas de Maizière gerne, wenn er seine Vorstellung einer Flüchtlingspolitik erklärt.
Doch beruht diese Selektion mitunter auf willkürlichen Annahmen. Über die Asylverfahren wird nämlich von Bundesland zu Bundesland mitunter sehr unterschiedlich entscheiden. Und im Bezug auf Afghanistan ignoriert die Bundesregierung seit Monaten die sich verschärfende Sicherheitslage. Es scheint schlicht der Wille zu fehlen, eine Ausweitung der Kriegsgebiete zu berücksichtigen - weil dies unweigerlich einen Abschiebestopp zur Folge hätte. Für einen Rechtsstaat ist ein solches Verhalten unwürdig.
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