Leben im Fußabdruck

Elefanten schaffen neue Lebensräume

  • Eva Krafczyk, Görlitz
  • Lesedauer: 3 Min.

Elefanten leben auf großem Fuß - immerhin wiegen manche Exemplare der größten Landsäugetiere der Erde mehr als fünf Tonnen. Wenn eine Elefantenherde auf der Suche nach Wasser oder Nahrung unterwegs ist, kann sie die Umgebung buchstäblich platt machen. Doch dabei wird auch neuer Lebensraum geschaffen: In den zurückbleibenden Fußstapfen siedeln sich unzählige kleine Lebewesen an. Wissenschaftler des Senckenberg-Instituts für Naturforschung haben solche Mikrohabitate in Elefantenspuren untersucht.

Viola Clausnitzer, Senckenberg-Wissenschaftlerin in Görlitz, forscht eigentlich zu sehr viel kleineren Lebewesen als Elefanten: Ihr Spezialgebiet sind Libellen. Die sichtete sie während eines Fortbildungsprojekts mit jungen afrikanischen und europäischen Naturschützern in Uganda - und zwar in den wassergefüllten Fußspuren, die Elefanten hinterlassen hatten.

Während des vierwöchigen Aufenthalts im Kibale Forest, einem Regenwald in etwa 1600 Metern Höhe, seien die Studenten von der Größe der Elefantenfußabdrücke beeindruckt gewesen, erzählt Clausnitzer. Sie habe dann darauf hingewiesen, dass in einigen dieser Abdrücke Libellen saßen. »Libellen sind territorial - die Männchen sitzen dann da, hoffen, dass ein Weibchen kommt und verscheuchen alle anderen Männchen.« Dieses Territorialverhalten zeigten die Insekten auch im Fußabdruck - er schien also mehr zu sein als ein Zwischenstopp.

Mit einer Gruppe von Studenten untersuchte die Wissenschaftlerin etwa 30 natürliche Fußabdrücke. Zu Vergleichszwecken wurden zudem mit Zehn-Liter-Eimern künstliche Spuren angelegt. Innerhalb weniger Tage sei eine »erstaunliche Vielfalt« von Lebewesen nachgewiesen worden, sagt Clausnitzer. »Wir haben 61 verschiedene Tierarten aus 27 Familien gefunden, die meisten von ihnen Insekten.«

In den 18 Eimerspuren wurden nach nur fünf Tagen bereits mehr als 400 Exemplare gefunden. »Das waren zunächst einmal nur Flugtiere, also Wasserkäfer oder Wasserwanzen«, schildert die Forscherin die Entwicklung im künstlichen Fußabdruck. »Es waren aber auch schon die ersten Larven da, etwa von Mücken oder Libellen.« Sie legten ihre Eier in den wassergefüllten Vertiefungen ab. Als Ökosystem-Ingenieure sind Elefanten schon seit längerem bekannt: Sie verändern Lebensräume, etwa wenn sie auf ihrer Wanderung eine Schneise durch bewaldete Gebiete schlagen oder sich an Flussläufen im Schlamm wälzen. Zwar wird Wald zerstört, auf dem entstehenden Grasland entstehen aber Rastplätze für Vögel oder Weideflächen für kleinere Antilopenarten.

Studien zeigten, dass im kongolesischen Regenwald, wo Wilderer die Waldelefanten wegen ihrer Elfenbein-Stoßzähne fast ausgerottet haben, die Flussläufe zuwüchsen, erklärt Clausnitzer zur Bedeutung der Elefanten für das Ökosystem. Natur- und Tierschutzorganisationen weisen ebenfalls auf die Bedeutung der Elefanten für die Tiere in den Savannenregionen Afrikas hin. Wenn sie in der Trockenzeit in ausgetrockneten Flussläufen nach Wasser graben, profitieren auch andere Tiere, heißt es etwa von der Naturschutzorganisation Save the Elephants.

Mit den Mikro-Lebensräumen in den Fußspuren kommt nun eine weitere Facette für die Artenvielfalt und den Nachschub in der Nahrungskette hinzu. Die Mücken etwa, die in den bis zu einem halben Meter tiefen Tümpeln schlüpfen, dienen Libellen und anderen Tieren als Nahrung. dpa/nd

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