Abschied vom Willkommen
Uwe Kalbe über die nachlassende Aufgeschlossenheit gegenüber Flüchtlingen
Die von der Bertelsmann Stiftung vorgelegte Studie zur Willkommenskultur belegt die Aufgeschlossenheit der Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen, ein breites humanistisches Wertefundament. Und zeigt, dass die von der Großen Koalition trotz des Kanzlerinnenworts vom »Wir schaffen das« hektisch inszenierte Abschiebebeschleunigungspolitik keine ausreichende Rechtfertigung im Willen des Wahlvolkes hat, sondern dem vermeintlich besorgten Bürger überflüssig eilfertig zu Diensten ist. Die Befragten ließen keinen Zweifel, was sie stattdessen für nötig halten: mehr Anstrengungen aller Beteiligten, auch des Staates, zur Integration.
Doch zugleich signalisiert die Studie eine Trendumkehr. Von der Willkommenskultur zur Willkommensunlust. Angesichts dramatisch gesunkener Flüchtlingszahlen ist zu fragen, woran das liegt. Im Einzelfall mag eigene Betroffenheit eine Rolle spielen - wo Turnhallen als Unterkünfte monatelang für Schulen gesperrt wurden, braucht man sich nicht zu wundern. Vor allem liegt hier das Ergebnis einer unseligen Stimmungsmache vor, an der die Politik ihren Teil trägt. Und zu erkennen ist bereits ihr nächstes Versäumnis: Die Ignoranz gegenüber den Zehntausenden ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern, die seit 2015 für die Politik in den Kommunen die Kastanien aus dem Feuer holen. Die Studie legt hier Handlungsbedarf nahe.
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