Blasphemie!

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 2 Min.

Prunkvoll noch immer der Bau, aus dessen himmelhohem Bogenfenster die beiden Geistlichen schauen, ratlos aber längst ihr Blick. »Ich glaube«, lässt Gerhard Glück im Text zu seinem Cartoon den einen Pfaffen zum anderen sagen, »mit der Abschaffung der Gottesgerichte und Hexenverbrennungen haben wir unsere publikumswirksamen Events verloren.« Selbst mit Gratis-WLAN und Sonderangeboten (»Das volle Seelenheil für nur 20 Prozent Glauben!«) gelingt es den christlichen Kirchen nicht mehr, die Massen für sich zu begeistern - geschweige denn für ihren Gott. Vom Attraktivitätsverlust des Christentums erzählen viele der in diesem Band versammelten Witzzeichnungen. Arbeiten von beinahe 60 namhaften Cartoonisten - von A wie adam bis Z wie Martin Zak - haben die Herausgeber zusammengetragen.

Der Islam hingegen, die andere »Weltreligion«, die die Zeichner mit ihrem Spott überziehen, kann über mangelnden Zulauf nicht klagen. Kein Wunder, wenn der »mittelalterliche Gottesstaat« mit einem Social-Media-Zentrum aufwarten kann - und mit 72 Jungfrauen für jeden Märtyrer. Schade nur, wenn das beste Stück des Mannes dann abgerissen neben ihm, dem Selbstmordattentäter, liegt. Nicht die Verletzung religiöser Gefühle ist es, die tötet, es ist der Hass unter Menschen. Gott und Allah jedenfalls feixen beim Teekranz in den Wolken herzlich übereinander - dank »Titanic« und »Charlie Hebdo«. Martin Hatzius

Unheilige Bilder. Cartoons zu Kirche & Religion heute. Hrsg. v. Wolfgang Kleinert und Dieter Schwalm. Lappan, 168 S., br., 9,99 €.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -