Ausfälle und Negativpreise

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Horst Seehofer sieht seine CSU in Berlin personell nicht optimal vertreten. Die Vorsitzende der Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, steht zum Unmut ihres Parteivorsitzenden der Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahe. Hinzu kommt, dass die Bundesminister der CSU, Christian Schmidt (Landwirtschaft), Alexander Dobrindt (Verkehr) und Gerd Müller (Entwicklung), zumeist im Schatten ihrer Kabinettskollegen von CDU und SPD stehen.

Nun will Seehofer einen neuen Mann in die Bundespolitik entsenden. Joachim Herrmann ist 60 Jahre alt, Jurist, seit 2007 Landesinnenminister und soll im September auf Platz eins der CSU-Landesliste für den Bundestag kandidieren. Sollte die Wahl für die Union erneut erfolgreich verlaufen, kann man davon ausgehen, dass sich die Spitze der bayerischen Konservativen vehement dafür einsetzen wird, dass Herrmann in Berlin das Innenministerium leiten soll.

Die CSU sieht die Innenpolitik nämlich als ihren Kernbereich. Herrmann steht für härtere Strafen, die Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen und eine rigide Asylpolitik. Mehrfach zeichnete die Organisation »Jugendliche ohne Grenzen« ihn mit dem Negativpreis »Abschiebeminister des Jahres« aus. Bereits im Jahr 2013 kritisierten die jungen Asylbewerber den in Bayern praktizierten »Lagerzwang für Flüchtlinge« sowie die Abschiebungen von Schutzsuchenden in das Kriegsland Afghanistan.

Herrmann lehnt natürlich nicht alle in der Bundesrepublik lebenden Ausländer ab. Er lässt aber auch diejenigen, die sich hierzulande in seinem Sinne angepasst haben, spüren, dass sie für ihn nie vollständig dazugehören können. So nannte der CSU-Politiker den Schlagersänger Robert Blanco vor eineinhalb Jahren einen »wunderbaren Neger«. Dieser spontane Ausspruch in einer Talkshow war auch ein Hinweis darauf, welches Vokabular das Spitzenpersonal der CSU hinter verschlossenen Türen verwendet.

Rassistische Ausfälle haben in der Partei eine lange Tradition. Der damalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß hatte etwa im Jahr 1985 verkündet, es strömten »die Tamilen zu Tausenden herein, und wenn sich die Situation in Neukaledonien zuspitzt, dann werden wir bald die Kanaken im Land haben«.

Herrmann hat als junger Mann sein politisches Handwerk unter Strauß gelernt. Von 1984 bis 1988 war er Regierungsrat in der bayerischen Staatskanzlei. Das Wirken seines früheren Chefs lobt der Mittelfranke noch heute bei jeder Gelegenheit über den grünen Klee. Strauß habe Bayern und Deutschland geprägt wie nur wenige andere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sagte Herrmann etwa am 27. Todestag von Strauß im Oktober 2015. Das Werk des einst gescheiterten Kanzlerkandidaten will der CSU-Mann nun in der Bundespolitik fortsetzen.

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