Faktenbasierter Journalismus

Netzwoche

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Früher waren Reporter und Redakteure die Gatekeeper für Nachrichten, und wir haben ihnen vertraut. Heute geht es nur noch um Klickzahlen, und im Internet gibt es keine Gatekeeper mehr.« Mit ernster Stimme erzählt Wikipedia-Gründer Jimmy Wales im Werbevideo, wie er das Wikipedia-Prinzip auch auf den Journalismus anwenden will, mit der Gründung des Nachrichtenportals Wikitribune.

Der Twitter-Account von Wikitribune zeigt Wales in einem abgedunkelten Raum vor seinem Laptop, quasi die moderne Variante des Journalisten mit der Zigarette vor der Schreibmaschine. »Die Menschen haben sich in den vergangenen 100 Jahren nicht groß verändert«, sie wollen »qualitativ hochwertige Informationen«, erklärt Wales im Interview mit dem Technikmagazin Wired.

Eigentlich habe er sich mit einem Urteil über den neuen US-Präsidenten Donald Trump 100 Tage zurückhalten wollen. Dass dieser nach seiner Vereidigung so offensichtlich über die Teilnehmerzahlen der Veranstaltung gelogen habe, habe ihn dazu bewogen, das Projekt anzustoßen, erzählt Wales.

Bei Wikitribune sollen professionelle Journalisten Hand in Hand mit der Community zusammenarbeiten, die Themen vorschlägt und Artikel kritisiert und so nicht nur die Nachrichten in der Kommentarspalte beurteilen kann.

Wikitribune verspricht, dass die Leser alle Quellen direkt einsehen können. Das Internetportal soll ohne Paywall und Werbung auskommen. Um das möglich zu machen, sollen an Qualitätsjournalismus interessierte Unterstützer gewonnen werden, die mit ihrer monatlichen Spende die Arbeit der Journalisten bezahlen.

Beratend zur Seite steht dem Projekt Journalismusprofessor Jeff Jarvis. Der Social-Media-Experte leitet das Programm für »Neue Medien« an der Graduate School of Journalism der City University of New York. Als weitere Berater listet die Homepage des Projekts aktuell das britische Model Lily Cole und den US-amerikanischen Unternehmer Guy Kawasaki auf.

Innerhalb der nächsten 30 Tage will die Initiative genug Unterstützer gewinnen und Geld sammeln, um zehn Journalisten bezahlen zu können. Wird das Ziel nicht erreicht, sollen alle Unterstützer ihr Geld zurückerhalten. Bis Mittwochabend konnte das Nachrichtenportal bereits über 5000 Unterstützer hinter sich vereinen.

Laut »Fortschrittsbalken« auf der Homepage können damit die ersten drei Journalisten angestellt werden. Wenn sich genügend Geldgeber finden, die für Berichterstattung zu einem speziellen Thema spenden, ist die Einstellung von weiteren, spezialisierten Journalisten geplant.

www.youtube.com/ watch?v=buO_lk0fHwM

- Anzeige -

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.