Dschibuti hat für die UNO keine Priorität

Ungleichbehandlung wird als Problem empfunden

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Krieg in Jemen, der Hunger in Afrika: In Dschibuti treffen mehrere Flüchtlingsgruppen aufeinander. Trotzdem treffen die Migranten auf die Gastfreundschaft der Menschen - »noch«, sagt Benoit Leclerc vom UNO-Flüchtlingshilfswerk. »Wir spüren hier sehr deutlich, wie die Ungleichbehandlung die Einheimischen zunehmend frustriert.«

Die ausländischen Hilfen fließen überwiegend in die Flüchtlingslager, die außerhalb der großen Städte errichtet wurden. Doch auch in Dschibuti leidet man Not. Es herrscht Dürre und damit Nahrungsmittelknappheit, die aber nach Einschätzung der internationalen Organisationen noch kein kritisches Ausmaß erreicht hat: Dschibuti könne seine Bevölkerung derzeit noch aus eigener Kraft versorgen, sagt ein Sprecher der Vereinten Nationen in New York und fügt hinzu, dass man in einer Krise, die derart viele Länder umfasse, Prioritäten setzen müsse, so lange die Mittel begrenzt sind. Betroffen sind neben Dschibuti vor allem Eritrea, Somalia und Äthiopien.

Mitarbeiter der privaten Hilfsorganisationen, die vor Ort tätig sind, verweisen derweil auf die Armut, die offiziell 23 Prozent der Bevölkerung erfasst hat, tatsächlich aber sehr viel höher liegt, weil die Nahrungsmittelpreise ständig steigen, das Einkommen der Menschen aber nicht. »Spekulanten versuchen, so viel Kapital wie möglich aus den knappen Nahrungsmitteln zu schlagen«, sagt Hassan Cher Hared von der Gewerkschaft Dschibutis. Privatunternehmen könnten sich den Nahrungsmittelimport kaum leisten. Die Gewerkschaft fordert deshalb eine staatliche Intervention, allerdings vergeblich.

Stattdessen schweigt man das Problem tot. In den weitgehend von der Regierung kontrollierten Medien wird über soziale Themen nur berichtet, wenn tatsächliche oder angenommene Errungenschaften der Regierung zu berichten sind; auch die Flüchtlingslager tauchen in der Berichterstattung kaum auf.

»So wenige Bürger wie möglich sollen erfahren, wie sich die Versorgung dort von unserer unterscheidet«, sagt ein dschibutischer Journalist. »Man hat Angst vor sozialen Unruhen, will aber auch die UNO nicht kritisieren, weil man sie braucht.« Denn wie die Armeen diverser Länder für ihre Stützpunkte zahlen auch die Vereinten Nationen Gebühren für die Flüchtlingslager. »Schön wäre es, wenn die Regierung dafür etwas zu essen kaufen würde«, sagt der Journalist. Theoretisch sind in der veröffentlichten Version des Staatshaushaltes umgerechnet 50 Millionen Euro für Nahrungsmittelimporte vorgesehen, und im Finanzministerium beteuert man, das Geld sei auch tatsächlich vorhanden. Doch eine Krise gebe es nicht, bis dahin vertraue man auf den »freien Markt«. Nur: »Wenn man erst reagiert, wenn sich die Dinge zuspitzen, wird es für viele Menschen zu spät sein«, sagt Leclerc. Oliver Eberhardt

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