Solarworld ist insolvent

Letzter deutscher Hersteller von Solarmodulen gibt auf

  • Lesedauer: 3 Min.

Bonn. Jahrelang hat Solarworld-Chef Frank Asbeck gegen hohe Schulden, Millionenverluste und die Billigpreise der asiatischen Rivalen gekämpft. Nun gibt er auf. Am Donnerstag stellte Deutschlands letzter großer Solarmodulhersteller mit knapp 3300 Beschäftigten einen Insolvenzantrag für den Mutterkonzern. Für die Töchter werden entsprechende Schritte geprüft. Das einstige Musterunternehmen der Energiewende, das in guten Zeiten, wie im Jahr 2008, sogar den Autobauer Opel kaufen wollte, sieht sich als Opfer des weltweiten Preissturzes bei Solarmodulen durch Dumpingangebote chinesischer Hersteller. Enorme Überkapazitäten, gestützt von Staatsbanken, hätten die Preise irrational gedrückt, erklärte der von Solarworld dominierte Branchenverband EU Solar.

Dagegen habe das Unternehmen trotz massiver Kostensenkungen und aller Innovationen am Ende nicht bestehen können - »ein bitterer Schritt«, so Asbeck in einer Mitteilung. Voraussichtlich am Freitag will der Firmenchef in einer Betriebsversammlung vor die Mitarbeiter treten.

Zwar gibt es EU-Schutzzölle. Diese werden aber vielfach unterlaufen - durch illegalen Handel oder dadurch, dass chinesische Hersteller Fabriken in anderen asiatischen Ländern wie Vietnam oder Thailand aufgebaut haben.

Unter dem Druck der 2016 noch einmal gefallenen Weltmarktpreise hätten Solarworld-Kunden Bestellungen storniert oder Preise nachverhandeln wollen, hieß es aus der Branche. Damit seien die Absatzpläne der Bonner geplatzt. Das Unternehmen muss 2019 rund 350 Millionen Euro für Anleihen und Darlehen zurückzahlen. Eine Refinanzierung über die Banken hängt aber von einer positiven Prognose für den Absatz ab.

Fachleute sehen auch hausgemachte Fehler. Das Unternehmen habe zu spät mit einem Sparprogramm auf die schrumpfenden Erträge reagiert. Da fehlte bereits das nötige Eigenkapital für einen Umbau. Außerdem habe Solarworld Chancen in der Solarenergieberatung mit eigenen Beschäftigten oder im Geschäft mit Speicherbatterien liegen lassen.

Der konkurrierende Bundesverband Solarwirtschaft sieht trotz der Solarworld-Pleite nicht das Ende der Solarenergie in Deutschland. Wegen der extrem niedrigen Preise ziehe die Photovoltaik-Nachfrage derzeit spürbar an. Deutschland verfüge weiterhin über erfolgreiche Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Rohstoff Silizium über den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Systemtechnik bis hin zu den Batteriespeichern.

Solarworld hatte sechs Jahre in Folge rote Zahlen erwirtschaftet. Der findige Geschäftsmann Asbeck wusste seine Firma zunächst zu retten. Er brachte einen Schuldenschnitt durch, bei dem die Gläubiger auf 60 Prozent ihres Geldes im Tausch gegen Aktien verzichteten. Ein Investor aus Katar brachte neues Geld, Solarworld übernahm Anfang 2014 von Bosch die Solarfertigung in Arnstadt (Thüringen) einschließlich der Mitarbeiter und kassierte dafür 130 Millionen Euro.

Die damit verbundenen Hoffnungen haben sich vorerst zerschlagen. Von der Insolvenz betroffen sein dürften vor allem die 2600 Beschäftigten in Deutschland - davon rund 1300 in Freiberg (Sachsen), knapp 900 in Arnstadt sowie die Mitarbeiter in der Bonner Zentrale.

Die Freiberger Betriebsratschefin Anke Martin-Heede wurde vom Insolvenzantrag kalt erwischt: »Wir sind alle mit der Situation ein Stück weit überfordert.« Freibergs Oberbürgermeister Sven Krüger (SPD) erklärte: »Wir werden gemeinsam mit allen Beteiligten das Möglichste tun, um den Standort vielleicht in Teilbereichen zu erhalten«. dpa/nd

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