Im nächsten Jahr wird alles besser

Die Veranstalter des Karnevals der Kulturen berichten über Pläne und Probleme

  • Till Mischko
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Piranha Arts AG, Veranstalterin des Karnevals der Kulturen, lud am Dienstagmorgen zur Pressekonferenz auf das Gelände der econoparks in Marzahn. Die großflächigen, hellen Büroräume dienen auch als Werkstätten für ehrenamtliche Gruppen, die sich für den Karnevalsumzug engagieren. In der Mitte des Podiums saß die Veranstaltungsleiterin, Nadja Mau, zu ihrer Linken die Sponsoren des Events: Oliver Schlink von der Immobiliengesellschaft GSG, der Geschäftsführer der Berliner Sparkassengesellschaft, Kai Uwe Peter, sowie Jörg Simon, Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe. Rechts von Mau Vertreter aus der Politik: Daniel Tietze, seit Kurzem Staatssekretär für Integration, Andreas Germershausen, Beauftragter des Berliner Senats für Integration und Migration, und Torsten Wöhlert, Staatssekretär für Kultur. Der 22. Karneval der Kulturen findet unter dem Motto »Gemeinsam & Dennoch!« vom 2. bis zum 5. Juni in Kreuzberg statt. Geboten werden Musik, Tanz und Performance.

Nach kunstvoller tänzerischer Darbietung engagierter Karnevalisten ging es unumwunden an die Finanzen: Die Vorbereitungen zum diesjährigen Karneval mussten im dritten Jahr in Folge unter außerordentlichem Zeitdruck durchgeführt werden, beklagte Mau. Hinzu seien Schwierigkeiten gekommen, die durch zwei Parallelveranstaltungen hervorgerufen wurden. Zu allem Übel trat eine neue arbeitsrechtliche Regelung in Kraft, welche vor allem den Sicherheitsdienstleister PTB betrifft. Der hatte in der Vergangenheit bei zu hoher Nachfrage seine Mitarbeiter kurzerhand bei anderen, kleineren Sicherheitsunternehmen rekrutiert. Das seit April geltende neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) soll die menschenunwürdigen Auswüchse prekärer Leiharbeit eindämmen. Geregelt wird etwa, dass nur noch 18 Monate in Folge beim selben Entleiher geschuftet werden darf. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass ein Leiharbeiter jahrelang vollwertig beschäftigt bleibt, ohne das Gleiche wie seine fest angestellten Kollegen zu verdienen. Auch der unsägliche Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher ist von nun an untersagt. Letzten Endes soll das Gesetz auch fairere Löhne garantieren. Die Mehrkosten von etwa 185 000 Euro waren zu viel für die Karnevalisten, eingesprungen ist, kurz vor knapp, der Berliner Senat.

Ohne Sponsoren könnte der Karneval, der unter der Schirmherrschaft Michael Müllers steht, nicht existieren. Mau bedankte sich brav bei den Unterstützern, die sich sichtlich Mühe gaben, ihre unternehmerischen Leitsätze mit den Grundgedanken des seit 1996 alljährlich zum Pfingstwochenende stattfindenden Events - Weltoffenheit und Toleranz - in Verbindung zu bringen. Die dominanten Themen auf dem Podium aber waren: Sicherheit und Geld. Darunter litten vor allem die Inhalte, wie Mau einräumte: gerade 63 registrierte Gruppen, nur neun Neuanmeldungen.

Der Karneval war 1993 als »Werkstatt der Kulturen« unter dem Eindruck rechtsextremer Gewaltakte entstanden. Dass er sich nicht - wie das Myfest im Laufe der Jahre - zu einem sinnentleerten Besäufnis entwickelte, ist letztlich den ehrenamtlichen Karnevalsgruppen zu verdanken. Vonseiten der Politik wird die Veranstaltung stiefmütterlich behandelt. Und das trotz kreativer Imageaufwertung der Stadt und Steigerung des Bruttoinlandsprodukts, wie eine Studie der Investitionsbank Berlin (IBB) von 2011 zeigen konnte. Im nächsten Jahr soll aber alles besser werden, betont Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert: »Mit dem Wechsel der Zuständigkeit in unsere Verwaltung ab 2018 streben wir eine langfristige Planungssicherheit für den Karneval der Kulturen an.«

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