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Fiasko G7: »Habe noch nie einen solchen Gipfel erlebt«

Klimaschutz? Welthandel? Entwicklungshilfe? US-Präsident Trump blockiert das Treffen der Regierungschefs / Nur noch mageres Abschluss-Kommuniqué erwartet

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Kommt bei diesem Gipfel der selbsternannten G7 noch etwas heraus? Und wenn ja: Was? Das Treffen der Regierungschefs der sieben großen Industrienationen ist am Samstag in die letzten Beratungen gegangen. Der Ausgang der Gespräche im italienischen Taormina war aufgrund tiefgreifender Differenzen allerdings ungewiss. Am Ende der Beratungen am frühen Nachmittag ist zwar die Veröffentlichung einer gemeinsamen Erklärung vorgesehen. Aber nach dem ersten Gipfeltag ist fraglich, ob sich die G7 zu Themen wie Klimaschutz und Welthandel überhaupt auf gemeinsame Formulierungen einigen können. Grund: die Haltung von US-Präsident Donald Trump. Er vertritt eine protektionistische Wirtschaftspolitik und stellt das Pariser Klimaabkommen in Frage. Auch beim Thema Migration blockiert die US-Seite und brüskierte den Gastgeber Italien.

Das Thema Flüchtlinge spielt am zweiten Gipfeltag nochmal eine größere Rolle, da Vertreter mehrerer afrikanischer Länder zu dem Treffen dazustoßen. Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni möchte dann auch über den Kampf gegen Hungersnöte reden. Entwicklungsorganisationen forderten, dass die G7 zum Ende des Gipfels neue Zusagen für den UN-Hilfsappell über 6,9 Milliarden US-Dollar machen. Bisher liegen erst Zusagen über 30 Prozent vor. Die G7 müssten am Samstag liefern, forderte Friedrike Röder von der Entwicklungsorganisation ONE. »Worte reichen nicht aus.« Es müsse Verpflichtungen zu höherer Entwicklungshilfe geben. Auch müssten die Hungersnöte im Sudan, in Nigeria, Somalia und im Jemen angegangen werden. Nach Angaben der Hilfsorganisationen sind rund 30 Millionen Menschen von Hunger und Unterernährung bedroht.

»Ich habe noch nie einen solchen Gipfel erlebt«, sagte die Vertreterin einer Entwicklungsorganisation. Mit Hinweis auf die Blockadehaltung der USA sagte sie: »Die anderen Länder müssen aber auch mal sagen, wo die rote Linie ist.« Die G7-Gruppe sei ein Forum für kollektive Entscheidungen, sagte ein Vertreter von Oxfam. »Der Ansatz der USA, dass die anderen ihre Haltung akzeptieren müssen oder dass sonst nichts möglich ist, schafft kein Vertrauen.« Diese Haltung untergrabe, wie die G7 arbeiteten und auch funktionieren müssten.

Trump wollte sich weiter nicht festlegen, ob er seine Wahlkampfdrohung wahr macht und aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigt. Dabei redeten die anderen sechs Gipfelteilnehmer offenbar geschlossen auf Trump ein. Aus französischen Delegationskreisen hieß es, die Gipfelteilnehmer hätten versucht Druck auf Trump zu machen, indem sie die »katastrophalen Auswirkungen der Erderwärmung«, aber auch den wirtschaftlichen Vorteil einer Energiewende beschrieben. Der US-Präsident sei »von allen« anderen G7-Staaten aufgefordert worden, das historische Klimaabkommen von Paris nicht aufzugeben, sagte Merkel.

In der Flüchtlingspolitik verhinderte Trump einen umfassenden Plan zur Bewältigung der Krise und brüskierte damit Gastgeber Italien. Im Abschlusskommuniqué wird auf Forderung der USA nur ein kurzer Passus zu Flüchtlingen aufgenommen, der Sicherheitsfragen hervorhebt. »Wir bestätigen die souveränen Rechte der Staaten, ihre Grenzen zu kontrollieren und klare Grenzen für die Zuwanderung zu setzen«, heißt es in dem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Eigentlich hatte Gastgeber Italien eine gemeinsame Erklärung zu den positiven Aspekten der Zuwanderung und einem besseren Bewältigung der Flüchtlingskrise verabschieden wollen. Dabei sollte es auch um legale Migration gehen. Doch hatten die US-Unterhändler das Vorhaben in den letzten Sitzungen zuerst Ende April und dann bei einem ungewöhnlichen Krisentreffen der »Sherpas« Mitte des Monats endgültig blockiert. Agenturen/nd

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