Die Mitte muss nach links
Oliver Eberhardt über den Widerstand gegen rechte Politik in Israel
Es gibt sie also noch, die israelische Linke. Immer wieder hat die Arbeitspartei, von deren Wahlergebnissen man einst international träumte, in den vergangenen Jahren ihren Namen geändert, während ihre ständig wechselnden Vorsitzenden »Mitte« und »Zentrum« riefen. Und die kleinere, etwas linkere Meretz gab sich Strukturen, in denen niemand, der nicht schon seit Jahren dabei ist, etwas werden kann, weshalb die Partei als elitär und verkrustet gilt.
Am Samstag nun haben Zehntausende, so viele, dass sie einen Großteil des Tel Aviver Zentrums lahm legten, gezeigt, dass sich gerade heute wieder viele Menschen für Alternativen interessieren - in einer Zeit, in der rechte Politiker rund um Netanjahu mit immer mehr Siedlungsbau dem Friedensprozess das Grab schaufeln. Und der US-Präsident hat daran erheblichen Anteil: Die Ernennung des dem rechtsextremen Rand der Siedlerbewegung nahen David M. Friedman zum US-Botschafter in Israel, Trumps Gerede von einer Verlegung der Botschaft nach Jerusalem, seine Abkehr von der Zweistaatenlösung haben zu neuem Bewusstsein für die Frage geführt, wie Israel und die Region künftig aussehen sollen. Damit dies parlamentarisch erkennbar wird, müssen Meretz und Arbeitspartei wieder werden, was sie einst waren: links, sozialdemokratisch. Doch Jitzhak Herzog, Chef der Arbeitspartei, forderte am Samstag den »Sieg der Mitte«. Dafür wurde er ausgebuht.
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