Querschläger aus Chicago

Niedersachsen: Druck auf SPD-Minister Lies wächst

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Acht Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen schießt sich die CDU/FDP-Opposition nach Kräften ein auf die rot-grüne Landesregierung, aktuell auf Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Aus seinem eigenen Haus kommt die Munition dafür: Zwei umstrittene Auftragsvergaben, bei denen es um eine Internetseite und eine Werbekampagne ging, haben nicht nur zur Entlassung der Staatssekretärin und zur Umsetzung des Pressesprechers geführt. Sie beschäftigen auch die Staatsanwaltschaft und demnächst wohl zudem einen Untersuchungsausschuss. Nun hat Schwarz-Gelb auch noch nachgeladen - mit Zündstoff aus Chicago.

In jener Stadt im US-Bundesstaat Illinois hatte Olaf Lies im März eine Vertretung des Landes eröffnet. Sie soll die Kontakte mit dem »für Niedersachsen wichtigen Handelspartner« USA pflegen, man erhoffe sich Synergieeffekte mit der amerikanischen Messestadt. Auch »können wir uns ein stückweit vom gründerfreundlichen Klima und Spirit in den USA inspirieren lassen«, so der Minister. Mit dem Betrieb der Repräsentanz »zunächst als Modellversuch für ein Jahr« hatte er die »Hannover Fair USA« beauftragt, eine Tochtergesellschaft der Hannover-Messe AG.

Ohne Ausschreibung war das geschehen. Als schließlich feststand, dass die Landesvertretung über die Modellzeit hinaus weitergeführt werden soll, wurde der Betrieb dann doch noch förmlich ausgeschrieben. Bis zum 15. Juni müssen die Angebote eingegangen sein. Nun aber gehen Union und Liberale davon aus, dass Lies diese Ausschreibung ganz auf die von ihm bevorzugte »Hannover Fair« zugeschnitten hat. Der CDU-Abgeordnete Uwe Schünemann umschreibt diesen Vorgang aus seiner Sicht: »Zuerst sucht man sich seitens des Wirtschaftsministeriums eine Firma aus, verhandelt mit dieser die Konditionen und manipuliert die Ausschreibung so, dass nur das ausgesuchte Unternehmen den Zuschlag erhalten kann.«

Olaf Lies habe vom Interesse anderer Anbieter gewusst, gibt Schünemann zu bedenken, dennoch habe »die ausgesuchte Firma« ohne Ausschreibung und in freihändiger Vergabe den Auftrag für ein Jahr »getarnt als Modellvorhaben« erhalten. Unabhängig von der rechtlichen Beurteilung habe dieser Vergabevorgang mit einem fairen Wettbewerb nichts zu tun, so der CDU-Mann.

Eine »undurchsichtige Vergabepraxis nach Gutsherrenart« nennt der Wirtschaftsexperte der FDP-Landtagsfraktion, Jörg Bode, das Handeln des Ministeriums. Es gelte, Licht in die Sache zu bringen. Deshalb habe die Fraktion zum Thema Chicago einen Fragenkatalog formuliert und sowohl an Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als auch an Minister Lies geschickt.

Das Ministerium weist die Vorwürfe zurück. Die freihändige Vergabe für einen Modellbetrieb wie den in Chicago sei durchaus rechtmäßig, betonte Sabine Schlemmer-Kaune, stellvertretende Sprecherin des Wirtschaftsressorts, gegenüber »nd«. Im Übrigen habe das Ministerium seinerzeit mehrere denkbare Repräsentanz-Betreiber angeschrieben, so die Norddeutsche Landesbank und die Niedersächsische Wirtschaftsakademie. Doch diese seien am Engagement in den USA nicht interessiert gewesen. Der nun über das Modellprojekt hinaus laufende Betrieb der Chicago-Vertretung - für voraussichtlich vier Jahre - sei ganz offiziell ausgeschrieben worden, hob die Sprecherin hervor.

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