Wer sonst kann schon Gott spielen?

Der US-Schauspieler Morgan Freeman wird 80 Jahre alt

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Donald Trumps Sieg bei den US-Wahlen ist in den Vereinigten Staaten eine so beeindruckende wie vulgäre Politisierung der Pop- und Kino-Prominenz zu beobachten. Robert De Niro würde Trump am liebsten »die Fresse polieren«, Cher vergleicht ihn mit verdreckten Toiletten und Michael Shannon weiß: Trump wird »die Erde zerstören«. Einer, von dem man zwar nicht solche pseudo-markigen Sprüche erwarten würde, aber doch eine eindeutige Positionierung gegen den neoliberalen Hooligan im Weißen Haus, schert aus: US-Schauspieler, Oscar-Preisträger und bekennender Clinton-Wähler Morgan Freeman möchte Donald Trump eine Chance geben: »Ich habe noch Hoffnung, dass Trump ein guter Präsident sein kann«, sagte Freeman nach der Wahl. Was im ersten Moment opportunistisch klingen mag, ist innerhalb der extremen Trump-Antipathie in Hollywood das Gegenteil: Einmal mehr beweist Freeman durch Distanz und die Ablehnung von Hysterie seine Eigenständigkeit. Sein salomonischer Satz zu Trump, der in Hollywood fast schon als extremistischer Dolchstoß wahrgenommen wurde, könnte auch von einem seiner weise-väterlichen Filmcharaktere stammen. An diesem Donnerstag wird der Afroamerikaner Freeman 80 Jahre alt.

Bemerkenswerterweise hatte der Bühnenschauspieler Freeman - die spätere Leinwand-Inkarnation des gütigen alten Mannes - seinen Kino-Durchbruch 1987 mit der Rolle eines Bösewichts: In »Glitzernder Asphalt« spielte er einen brutalen Zuhälter und wurde prompt für den Oscar nominiert. »Die Guten sind einfach nur gut. Die Bösen können mehrdeutig, doppelsinnig sein«, sagte er einmal und bedauerte dabei, dass er »in dieser Schublade voll Würde und Autorität« feststecke. Dort steckt er zweifellos bis zum Hals. Tatsächlich ist Freeman darum auch einer der ganz wenigen Schauspieler, die sich selbst in der Rolle als Gott (in »Bruce Allmächtig«) nicht komplett lächerlich machen. Deshalb hatte er auch »schon länger befürchtet«, dass ihm diese Rolle einst angeboten würde. »Ich hätte abgelehnt, wäre es nicht eine Komödie gewesen.«

Dem ganz großen Publikum fuhr Freeman 1989 in die Herzen: In »Miss Daisy und ihr Chauffeur« liefert er sich mit seiner »Herrin« gewitzte Dialoge über Rassismus, der Film spielt (sehr brav) mit dem Klischee des schwarzen Bediensteten, der sich nicht (vollständig) in die Rolle des Onkel Tom fügen möchte. Ein Part, wie Freeman auf den Leib geschrieben. Aber: »Diese Rolle des Chauffeurs ist die einzige Rolle, in der ich jemals ›schwarz‹ gespielt habe«, erklärte Freeman später. Denn: »Ich bin ein professioneller Schauspieler. Kein professioneller schwarzer Schauspieler.«

Diese Verweigerung der Betonung der Hautfarben ist ihm wichtig und führt zu weiteren in Hollywood potenziell missverständlichen Einlassungen: »I don’t do Race«, sagt er: Er wolle nicht die »Rassismus-Karte« ziehen. Der Black-History-Month? »Schwarze Geschichte ist amerikanische Geschichte. Es gibt ja auch keinen White-History-Month.« 1998 veredelte er mit »Deep Impact« einen der vielen furchtbaren Action-Reißer seiner Karriere mit seinem Part als US-Präsident. Auch damals sagte er: »Ich spiele nicht den ersten schwarzen Präsidenten. Ich spiele einen Präsidenten, der zufällig schwarz ist.« Mögen auch einige dieser Aussagen etwas zu kurz greifen: Es ist natürlich Freemans Recht, sich das dauernde Reduzieren auf die Hautfarbe zu verbitten. Zumal: Solidarität mit »Black Lives Matter« übt er dennoch.

Als einer der mittlerweile erfolgreichsten (und in guten Fällen überzeugendsten) Charakterdarsteller seiner Generation tänzelt er absolut mühelos zwischen »gütig-warmherziger und grimmiger« Ausstrahlung hin und her, wie »Filmstarts« schreibt. Freeman mag an viel verkitschtem oder durchmilitarisiertem Hollywood-Müll beteiligt gewesen sein und über die romantischen Schmonzetten und unkomischen Rentner-Gangster-Komödien der jüngsten Vergangenheit wird die Zeit rasant hinweggehen. Aber es bleiben seine unvergesslichen Parade(neben)rollen: der müde und zynische Cop, der kurz vor der Pensionierung im Dauerregen seinen schlimmsten Fall lösen muss in »Seven«. Der im letzten Moment zu menschlicher Größe fähige Ex-Revolverheld in »Erbarmungslos«, der nur äußerlich ramponierte Ex-Boxer in »Million Dollar Baby«.

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