Großbritanniens grausame Erfahrungen mit Terror

Nach den Hochzeiten der IRA gibt es seit 2005 vermehrt Angriffe mit islamistischer Zielsetzung

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Erfahrungen mit planvollem, doch nicht individuell gezieltem Terror musste London im Zweiten Weltkrieg machen. Am 13. Juni 1944 feuerte die Deutsche Wehrmacht erstmals eine V 1 auf die britische Hauptstadt, die insgesamt von 2419 dieser Flügelraketen getroffen wurde. Zugleich feuerte Nazi-Deutschland seit dem 7. September 1944 V 2-Raketen auf London. Bis Ende März 1945 zählte man 1358 derartige Angriffe.

Nach dem Sieg über das Hitler-Regime gab es nur kurze Ruhepausen. Vor allem zwischen den 70er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hielten die Anschläge der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) Großbritannien in Atem. Die Terroristen griffen Pubs, Metro-Stationen, das Londoner Finanzviertel, die Docklands und das Kaufhaus Harrods an. Ausgewählt wurden auch spektakuläre Ziele. 1984 war die damalige Premierministerin Margret Thatcher im Visier. Sie entkam, fünf Mitglieder ihrer konservativen Partei wurden aber durch die Bombe getötet. März 2001 explodierte eine Autobombe vor der Zentrale der Rundfunkanstalt BBC.

Der vermutlich erste islamistische Selbstmordanschlag ist in den Chroniken am 7. Juli 2005 eingetragen. Es gab vier Explosionen in der Londoner U-Bahn und in einem Doppeldeckerbus. Dabei kamen einschließlich der Attentäter 56 Menschen um, fast 700 überlebten verletzt.

Zwei Wochen darauf werden abermals Sprengsätze in Londoner U-Bahnen und einem Bus entdeckt. Doch die Bomben explodieren nicht. Einer der Täter bekommt Zweifel und wirft seinen Rucksack weg. Bis auf einen Verletzten kommt niemand zu Schaden. Dennoch werden die sechs Täter, die aus Afrika stammen, zu hohen Haftstrafen verurteilt. Im August 2006 verhindert die britische Polizei eine Serie von Terroranschlägen auf Flugzeuge und damit einen «Massenmord von unvorstellbarem Ausmaß». Mehrere Verdächtige sollen geplant haben, Sprengstoff in flüssiger Form auf Transatlantikflüge in die USA zu schmuggeln und in der Luft zur Explosion zu bringen. Am 30. Juni 2007, einen Tag nach der Entdeckung von zwei Autobomben in London, raste ein mit Gasflaschen beladener Geländewagen in den Flughafen Glasgow und ging in Flammen auf. Fünf Menschen wurden verletzt.

Im Mai 2013 überfuhren zwei Terroristen einen britischen Soldaten und töteten ihn anschließend mit Beil und Messer. Der Angriff ereignete sich in einem Viertel am südwestlichen Stadtrand von London. Im Dezember 2015 gab es eine Messerattacke in der U-Bahn von London.

Am 22. März 2017 ereignete sich ein weiterer Angriff. Ein Brite überfuhr mit einem Auto Fußgänger auf der Londoner Westminister-Brücke. Vor dem Westminister-Palast rammte er einen Zaun. Der Täter stieg aus und erstach einen Polizisten. Dessen Kollegen erschießen den Angreifer. Von den Opfern auf der Brücke erliegen vier ihren Verletzungen. Bei einem Anschlag auf Konzertbesucher am 22. Mai 2017 wurden in Manchester vor allem Kinder und Jugendliche ermordet oder verletzt. Am vergangenen Samstag hatten drei Männer im Zentrum Londons Menschen mit einem Lieferwagen und Messern attackiert und dabei sieben Menschen getötet und rund 50 weitere teils schwer verletzt. Es gab zahlreiche Verhaftungen, die Ermittlungen dauern an.

«Das waren wirklich ein paar grauenhafte Wochen», sagte Londons Polizeichefin Cressida Dick am Montag der BBC mit Blick auf die Attacken in Manchester und London. «Wir werden uns ändern und an das gewöhnen, was scheinbar für uns zu einer neuen Realität geworden ist. Die nötigen Ressourcen zur Terrorbekämpfung seien vorhanden. Immerhin, so Dick: »Seit 2013 haben wir, glaube ich, 18 geplante Anschläge vereitelt.«

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